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BMBF stellt 15 Millionen Euro für ME/CFS-Forschung bereit

BMBF stellt 15 Millionen Euro für ME/CFS-Forschung bereit


Sechs Verbundvorhaben und ein Einzelprojekt werden gefördert

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) kündigte im September 2023 eine Forschungsförderung über 15 Millionen Euro zur Erforschung der Pathomechanismen von ME/CFS an und legte in der veröffentlichten Förderrichtlinie den Schwerpunkt auf postinfektiöses ME/CFS. Nun ist die Entscheidung gefallen, welche Projekte gefördert werden.  

Angesichts der hohen Zahl an ME/CFS-Erkrankungen nach einer COVID-19-Infektion will das BMBF die Diagnostik und Therapie voranbringen und fördert zu diesem Zweck gezielt die Erforschung der Krankheitsmechanismen bei ME/CFS. Die Förderung in Höhe von 15 Millionen Euro über drei Jahre verteilt sich auf sechs Forschungsverbünde sowie ein Einzelprojekt:  

Steckbriefe der geförderten Forschungsvorhaben

BioSig-PEM – Identifizierung biopathologischer Signaturen von Post-Exertional Malaise bei ME/CFS

Der Forschungsverbund BioSig-PEM hat zum Ziel, die Pathophysiologie der Post-Exertionellen Malaise (PEM), des Leitsymptoms von ME/CFS, genauer zu verstehen. Basierend auf einer umfassenden klinischen Phänotypisierung von Patient*innen untersuchen sechs Teilprojekte insbesondere die pathobiologischen Signaturen von PEM im Blut, Gehirn, Endothel und Mikrobiom. PEM und ihre verschiedenen Ausprägungen besser zu verstehen, soll die Grundlage für neue diagnostische, präventive und therapeutische Ansätze schaffen.  

CURE-ME – Charakterisierung von Autoimmunantworten zur Identifizierung von Targets in ME/CFS

Die beiden Teilprojekte des CURE-ME-Verbundes untersuchen den Zusammenhang zwischen Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) und Autoimmunprozessen bzw. einer veränderten Immunantwort bei ME/CFS. Neben der Charakterisierung von EBV-Autoantikörper-Profilen wird auch der indirekte Einfluss vorangegangener EBV-Infektionen auf Immunprozesse untersucht, insbesondere die Aktivierung autoreaktiver B-Zellen durch eine aufgrund von EBV gehemmten Expression von sogenannten Checkpoint-Molekülen der B-T-Zell-Kommunikation. Vermehrte autoreaktive B-Zellen, die aufgrund von EBV-Kreuzreaktionen oder anderweitig entstehen, sollen nachgewiesen und gezielt gehemmt werden. Darüber hinaus beschäftigt sich der Forschungsverbund mit der Frage, ob sich die zugrundeliegenden Mechanismen bei Erwachsenen und Jugendlichen unterscheiden.

FAME – Funktionelle Autoantikörper gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren bei Betroffenen mit ME/CFS

Im Einzelprojekt FAME geht es um die Rolle von Autoantikörpern gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR) bei der Krankheitsentstehung von ME/CFS. Darüber hinaus sollen neue, stammzellbasierte Nachweisverfahren für funktionell aktive GPCR-Antikörper entwickelt werden. Weiterhin soll untersucht werden, wie diese Antikörper entstehen, wie häufig sie bei ME/CFS-erkrankten Erwachsenen und Kleinkindern auftreten und ob ihr Auftreten mit der Schwere der klinischen Symptome korreliert.

MIRACLE – Klinische Analysen von immunologischen und metabolischen Faktoren bei ME/CFS

Der MIRACLE-Forschungsverbund, der aus zwei Teilprojekten besteht, beschäftigt sich mit immunologischen, inflammatorischen und metabolischen Signalwegen von ME/CFS. Hierbei stehen einerseits das High-Density-Lipoprotein (HDL) und andererseits neutrophile Granulozyten im Fokus. Die Auswertung der Daten erfolgt unter Einsatz moderner statistische Methoden und künstlicher Intelligenz, um Muster für Biomarker und Patientencluster in den komplexen Datensätzen zu identifizieren. Besonders hervorzuheben ist, dass die Forschungsgruppen explizit sehr schwer betroffene Proband*innen einschließen, denen ein ambulanter Besuch in den beteiligten Universitätskliniken nicht möglich ist. Diese Patient*innen werden via Online-Video-Sprechstunden und Hausbesuche einbezogen.

SERIMM – Serotonin und Immunmodulation in ME/CFS

Der SERIMM-Forschungsverbund untersucht in fünf Teilprojekten post-infektiöse Dysregulationen des angeborenen Immunsystems sowie Veränderungen im Serotonin-Stoffwechsel sowohl bei ME/CFS-Erkrankten als auch in COVID-19-Tiermodellen. Neben der Untersuchung des Gewebe- und Immunsystems der Erkrankten auf ME/CFS-spezifische Biomarker wird eruiert, welche Pathomechanismen sich im Tiermodell abbilden lassen, um künftig Therapieansätze in präklinischen Modellen testen zu können.  

SLEEP-NEURO-PATH – Beitrag schlafbezogener Biomarker zur Pathophysiologie von ME/CFS

Drei Teilprojekte beschäftigen sich im Verbund SLEEP-NEURO-PATH mit der Charakterisierung biologischer Mechanismen im Zusammenhang mit Funktionsstörungen des Gehirns bei ME/CFS. Hierzu zählen insbesondere kognitive Störungen, Fatigue, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Reizsensitivität. Anhand bestimmter funktioneller Vorgänge im Schlaf können Funktionsstörungen mittels multimodaler bildgebender Verfahren und biochemischer Untersuchungen detektiert und charakterisiert werden. Neben Hirnfunktion und -durchblutung und neuronalem Stoffwechsel werden auch Gefäßpathologien mit Fokus auf autonome Dysfunktionen im Schlaf sowie genetische Risikofaktoren für Gefäßerkrankungen untersucht. Der Forschungsverbund schließt auch schwer an ME/CFS erkrankte Jugendliche ein, bei denen die Schlafmessungen in der häuslichen Umgebung durchgeführt werden.  

VADYS-ME – Untersuchungen zur Gefäßdysfunktion und Minderperfusion bei Patienten mit ME/CFS

Die beiden Teilprojekte des Verbunds VADYS-ME untersuchen den Einfluss gestörter Gefäßfunktion und Durchblutung auf Veränderungen im Stoffwechsel von Gewebe und Organen sowie den Zusammenhang zwischen diesen Stoffwechselveränderungen und der mitochondrialen Funktion. Die Untersuchung der Gefäßregulation und Durchblutung in Gehirn, Herzmuskel und Auge werden mit umfangreichen klinischen Daten, bildgebenden Verfahren sowie Stoffwechsel- und Blutuntersuchungen kombiniert. Durch die Identifizierung vaskulärer Signaturen der Erkrankung soll so ein weiterer Beitrag zur Entwicklung diagnostischer Marker und therapeutischer Ansätze geleistet werden.    

Hintergrund

Das Interesse des BMBF an ME/CFS hat in den letzten Jahren stark zugenommen, nicht zuletzt auch aufgrund des Engagements der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS und anderer Patient*innenorganisationen. Seit 2022 fördert das BMBF den Aufbau der Nationalen Klinischen Studiengruppe (NKSG) Post-Covid-Syndrom und ME/CFS. Mit dem ebenfalls 2022 gegründeten Forschungsnetzwerk IMMME wurde erstmals reine ME/CFS-Forschung direkt durch das BMBF gefördert. Die nun zur Verfügung gestellten 15 Millionen Euro sind ein weiterer wichtiger Schritt, um neue Erkenntnisse zu generieren, die Krankheit besser zu verstehen und die Lebenssituation der Betroffenen zu verbessern.  

Die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS betont seit langem kontinuierlich die Notwendigkeit der Erforschung der Pathomechanismen von ME/CFS, um ein besseres Krankheitsverständnis sowie therapeutische Ansätze zu entwickeln. Unter anderem fordert sie, sofern möglich, die Einbeziehung von Daten und Proben Schwerbetroffener in Forschungsvorhaben sowie die gezielte Entschlüsselung des noch immer unverstandenen charakteristischen Leitsymptoms PEM. Wir begrüßen daher, dass das BMBF mit der jetzigen Förderung einen wichtigen Beitrag dazu leistet, die Pathomechanismen von ME/CFS besser zu verstehen.

Redaktion: smü, mth, mda