Europäisches Parlament verabschiedet Resolution zu ME/CFS

Europäisches Parlament verabschiedet Resolution zu ME/CFS

Das Europäische Parlament hat zum ersten Mal eine Resolution zu ME/CFS verabschiedet. Die Resolution fordert Fördermittel für biomedizinische ME/CFS-Forschung, Anerkennung und Aufklärung.

In der Plenarsitzung am 17. Juni wurde der „Entschließungsantrag zu zusätzlichen Finanzmitteln für die biomedizinische Forschung zu der Krankheit Myalgische Enzephalomyelitis“ mit einer überwältigenden Mehrheit angenommen. Von 688 teilnehmenden Abgeordneten stimmten 676 dafür, es gab vier Gegenstimmen und acht Enthaltungen. 

Die Resolution ist ein wichtiger Schritt zur Anerkennung von ME/CFS als schwere Erkrankung und könnte der Startschuss für die Bereitstellung von Forschungsgeldern und den Aufbau einer besseren Versorgung sein. Nicht nur die Europäische Kommission wird zum Handeln aufgefordert, die sechsseitige Resolution wendet sich auch an die Mitgliedsstaaten.


In der Resolution fordert das Europäische Parlament unter anderem:

  • „die Kommission auf, für Projekte, die speziell auf die biomedizinische Erforschung von ME/CFS ausgerichtet sind, zusätzliche Finanzmittel bereitzustellen und entsprechenden Ausschreibungen Vorrang einzuräumen, damit ein biomedizinischer Diagnosetest und wirksame biomedizinische Behandlungen entwickelt und validiert werden, mit denen die Krankheit geheilt werden kann oder ihre Auswirkungen gemildert werden können“; 
  • „alle Mitgliedstaaten auf, entschlossen die notwendigen Schritte zu unternehmen, um dafür zu sorgen, dass ME/CFS die gebührende Anerkennung findet“;
  • dass die Kommission Finanzmittel bereitstellt, damit das Fachpersonal im Gesundheitswesen und in der Sozialfürsorge, das mit ME/CFS-Patienten arbeitet, eine angemessene und verbesserte medizinische Aus- und Weiterbildung erhält“; 
  • dass innovative Projekte durchgeführt werden müssen, mit denen für eine koordinierte und umfassende Datenerhebung zu dieser Krankheit innerhalb der Mitgliedstaaten gesorgt werden kann“; 
  • „die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen für Fachkräfte des Gesundheitswesens und für die Öffentlichkeit ins Leben zu rufen, um die Bevölkerung auf die Existenz und die Symptome von ME/CFS aufmerksam zu machen“.

 

Jetzt wo das Europäische Parlament den dringenden Handlungsbedarf und konkrete Ziele formuliert hat, wann und wie gedenkt das Bundesministerium für Gesundheit das, wie es die EU formuliert, ‚verborgene Problem im Gesundheitswesen‘ anzugehen? Die von der EU geforderten Maßnahmen müssen jetzt zeitnah umgesetzt und die Versorgung von ME/CFS-Kranken schnell verbessert werden.
Daniel HattesohlVorsitzender, Dt. Ges. für ME/CFS

Hintergrund

Im letzten Jahr reichte die niederländische Betroffene Evelien Van den Brink eine Petition ein und hielt im Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments – im Liegen – eine aufrüttelnde Rede. Ihre Petition wurde von Menschen aus ganz Europa unterschrieben. Zur Unterstützung wandten sich auch über hundert Wissenschaftler*innen aus 22 Ländern in einem offenen Brief an das Europäische Parlament. 

 

Einordnung und Ausblick 

Eine Resolution (auf Deutsch auch: Entschließung)  ist ein  parlamentarisches Instrument, mit dem das Europäische Parlament auf Problemlagen aufmerksam machen, seine Position öffentlich erklären und die Kommission und Mitgliedsstaaten auffordern kann, Maßnahmen zu ergreifen. Eine Entschließung ist rechtlich nicht bindend, sondern hat auffordernden Charakter. Von ihr geht häufig erhebliche politische Wirkung aus. Die Entschließung zu ME/CFS führt daher nicht automatisch zur dringend notwendigen Bereitstellung von Forschungsgeldern oder Verbesserung der Versorgungslage. Sie baut aber Druck auf und ist ein wichtiges Mittel, um die verantwortlichen Institutionen – auch in Deutschland – in die Pflicht zu nehmen. Dass das Europäische Parlament die Missstände klar benannt hat, erschwert es der Bundesregierung und weiteren Stellen, den Handlungsbedarf länger zu leugnen. Patienteninitiativen aus ganz Europa und in Deutschland werden sich gemeinsam mit Politiker*innen und Wissenschaftler*innen dafür einsetzen, dass die formulierten Forderungen tatsächlich und ohne Verzögerung in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden.   

 

Links

  • Resolution: „Entschließung des Europäischen Parlaments zu zusätzlichen Finanzmitteln für die biomedizinische Forschung zu der Krankheit Myalgische Enzephalomyelitis“ (Link)
  • Pressemitteilung des Europäischen Parlaments: „Myalgic Encephalomyelitis: MEPs call for more funds for research into complex illness (Link)
  • Stellungnahme von Katrin Langensiepen, Abgeordnete im Europäischen Parlament: „ME/CFS – Europäisches Parlament fordert mehr Anerkennung und Forschungsförderung“ (Link)
  • Posts (auf Deutsch) in den sozialen Medien von den Abgeordneten des Europäischen Parlaments Pascal Arimont (Link), Martin Buschmann (Link) und Rasmus Andresen (Link) sowie den Bundestagsabgeordneten Erich Irlstorfer (Link) und Maria Klein-Schmeink (Link)
  • Berliner Zeitung: „EU-Resolution – Chronische Krankheit ME/CFS: Betroffene fordern einen runden Tisch in Deutschland“ (Link)
  • Tagesspiegel: „Lichtblick für zwei Millionen ME/CFS-Patienten in Europa“ (Link)

Redaktion: jhe