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Was ist ME/CFS?
- Die Myalgische Enzephalomyelitis/das Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS) ist eine schwere organische Erkrankung, die oft zu einem hohen Grad körperlicher Behinderung führt. Die WHO stuft ME/CFS seit 1969 als neurologische Erkrankung ein.
- Die ME/CFS-Betroffenen sind schwer krank. Ein Viertel aller Patienten kann das Haus nicht mehr verlassen, viele sind bettlägerig und auf Pflege angewiesen. Schätzungsweise über 60 % sind arbeitsunfähig.
- ME/CFS ist relativ weit verbreitet. Weltweit sind etwa 17 Mio. Menschen betroffen. In Deutschland sind es mit einer Prävalenz von 0,3 % bis zu 250.000, darunter 40.000 Kinder und Jugendliche.
- Die genaue Ursache der Erkrankung ist noch unbekannt. Häufig beginnt die Krankheit akut nach einem schweren Infekt, aber auch schleichende Verläufe sind bekannt. Neuere Studien weisen auf eine mögliche Autoimmunerkrankung und eine schwere Störung des Energiestoffwechsels hin.
Weitere ausführliche Informationen zum Krankheitsbild ME/CFS
Was ist das Problem?
Obwohl ME/CFS zu den Erkrankungen mit der geringsten Lebensqualität zählt, erhalten die Betroffenen keine adäquate medizinische und soziale Versorgung. Die Dunkelziffer der Betroffenen ohne Diagnose liegt bei 90 %. Die Krankheit wird in Deutschland seit Jahrzehnten nur unzureichend beachtet und nicht selten verharmlost. Infolge dessen werden Betroffene häufig als nicht schwerwiegend krank angesehen oder fälschlicherweise als psychisch krank fehldiagnostiziert.
Für ME/CFS-Betroffene gibt es derzeit wenig Aussicht auf Besserung. Für ME/CFS gibt es bisher keine zugelassene kurative Behandlung oder Heilung.
Warum ist die Erkrankung unerforscht?
International wird ME/CFS erst seit ca. 10/15 Jahren biomedizinisch erforscht und auch krankheitsspezifische pathophysiologische Auffälligkeiten identifiziert. Aufgrund geringer Forschungsgelder und jahrzehntelanger medizinischer Vernachlässigung existieren über die Krankheitsmechanismen erste Thesen, die Forschung kommt jedoch nur langsam voran.
Der Fall, dass unsere Selbstverwaltung von Medizin und Wissenschaft – wie bei ME/CFS – eine Krankheit übersieht, völlig falsch einordnet oder Patienten ignoriert, ist nicht vorgesehen und es gibt daher auch keine offiziellen Korrekturmechanismen; ME/CFS befindet sich in einem „toten Winkel“ des Gesundheitssystems. Die Schwere der Erkrankung und die hohe Dunkelziffer haben zudem verhindert, dass die Betroffenen sich öffentlich Gehör verschaffen konnten.
Auch wenn der Handlungsspielraum begrenzt ist, kann die Politik einiges tun: z. B. Anfragen stellen, Fachgespräche einberufen, für breite Öffentlichkeit sorgen oder Sondertöpfe für die Versorgung bereitstellen.
Was die Politik tun kann?
Anerkennung des Problems (wie etwa in Dänemark, GB, USA) durch alle relevanten Akteure – insbesondere der Ministerien (BMG, BMBF, BMAS) und weitere zuständige Institutionen (G-BA, DRV, RKI, Ärztekammern u. w.). Die Betroffenen erhalten keine adäquate medizinische und soziale Versorgung.
Einordnung von ME/CFS als organische Krankheit nach der WHO (ICD-10 G93.3) und den Kanadischen Konsenskriterien (CCC); eine klare Abgrenzung zu funktionellen Störungen ist notwendig.
Streichung von kontraproduktiven Therapien wie Aktivierungstherapie (GET) und Verhaltenstherapie (CBT) aus den offiziellen Leitlinien.
Entwicklung eines gemeinsamen Aktionsplans durch eine Expertenkommission mit gleichwertiger Patientenbeteiligung in drei Feldern:
1. Forschung: Bereitstellung von Forschungsgeldern (wie z. B. in den USA, Kanada, Australien), z. B. durch einen Sonderforschungsetat des BMG, BMBF, mit dem Ziel der Förderung der klinischen Forschung zur Entwicklung von kurativen Medikamenten und Therapien; Förderung der biomedizinischen Forschung zur Klärung der Pathophysiologie und Entwicklung von Biomarkern zur Diagnostik; Förderung epidemiologischer Forschung zur Aktualisierung der Inzidenz, Prävalenz und Versorgungssituation.
2. Medizinische Versorgung: Erarbeitung von Richtlinien durch die Expertenkommission mit gleichwertiger Patientenbeteiligung (wie etwa in Dänemark oder in den USA), Schulung des medizinischen Fachpersonals, Überarbeitung der Leitlinien nach neustem Forschungstand, Einrichtung von speziellen ME/CFS-Ambulanzen an jeder Universitätsklinik in Deutschland und Bereitstellung von Krankenhausbetten für Schwererkrankte.
3. Soziale Versorgung: insbesondere eine enge Einbindung der sozialen Träger, Sozialversicherungen und Bildungseinrichtungen in den Aktionsplan und den Aufbau weiterer dringend benötigter Versorgungsstrukturen, z. B. in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung.
Daten zu ME/CFS
