
ME/CFS im Koalitionsvertrag der 21. Bundestagslegislatur
Bereits vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 stellten 13 Patient*innenorganisationen Forderungen an die künftige Bundesregierung, die die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS (DG.ME/CFS) im Ziel unterstützt. Im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD gingen die DG.ME/CFS und Long COVID Deutschland wie schon 2021 wieder gemeinsam auf Politiker*innen der regierungsbildenden Parteien zu, um die Themen Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS) und Post-COVID-Syndrom in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken. Sie zeigten den wichtigsten Handlungsbedarf auf, stellten einen Maßnahmenkatalog vor und machten Vorschläge für mögliche Schwerpunkte im Koalitionsvertrag.
Die verschiedenen Aktivitäten der Betroffenenorganisationen haben nun dazu geführt, dass ME/CFS, Long/Post-COVID und PostVac gleich an zwei Stellen im Koalitionsvertrag genannt werden: Sowohl die Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege als auch die Arbeitsgruppe Bildung, Forschung und Innovation haben sich des Themas angenommen. So heißt es im Abschnitt Strategische Forschungsfelder auf Seite 78, Zeile 2538:
Wir fördern Forschung zu Frauengesundheit und postinfektiösen Erkrankungen (Long COVID, ME/CFS und PostVac).
Und bei Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Seite 112, Zeile 3564 steht
An myalgischer Enzephalomyelitis/Chronischem Fatigue-Syndrom, Long- und PostCOVID und PostVac erkrankte Menschen brauchen weiter unsere Unterstützung. Wir stärken hierzu Versorgung und Forschung.
Die DG.ME/CFS begrüßt die Aufnahme von ME/CFS, Long / Post-COVID und PostVac in den Koalitionsvertrag sehr und dankt den beteiligten Politker*innen für ihr Engagement. Außerdem danken wir Long COVID Deutschland für die erneut produktive Zusammenarbeit und den weiteren Betroffenenorganisationen, die sich für die Belange von Menschen mit ME/CFS, Long COVID und PostVac einsetzen.
Wie verbindlich ist der Koalitionsvertrag?
Koalitionsverträge sind nicht rechtlich bindend und ihre Inhalte damit nicht gerichtlich einklagbar. Dennoch haben sie auf der politischen Ebene durchaus einen verbindlichen Charakter. Die Mitglieder einer Regierungskoalition haben sich öffentlich auf ein Programm für die anstehende Legislaturperiode geeinigt. Da die Parteien insbesondere bei den Wähler*innen nicht als unzuverlässig gelten wollen, werden in der Regel die meisten Projekte aus dem Koalitionsvertrag auch umgesetzt. Die letzte Große Koalition aus CDU/CSU und SPD von 2018-2021 etwa hat gemäß der Bertelsmann-Stiftung fast drei Viertel (73 %) der Vorhaben im Koalitionsvertrag vollständig umgesetzt, weitere 5 % wurden teilweise umgesetzt – und das trotz der Corona-Pandemie, die die Regierungsarbeit ab Anfang 2020 erschwert und vor neue Herausforderungen gestellt hatte.
ME/CFS im Koalitionsvertrag der letzten Bundesregierung
Die scheidende Ampelregierung war die erste Regierung, die ME/CFS und Long COVID in ihrem Koalitionsvertrag erwähnte. Zwar wurden die im Koalitionsvertrag der Ampelregierung explizit genannten Kompetenzzentren und interdisziplinären Ambulanzen nicht geschaffen. Mit der Einrichtung des Runden Tischs Long COVID, an dem auch die DG.ME/CFS beteiligt wurde, den Forschungsförderungen der Bundesministerien für Gesundheit und Bildung und Forschung, die explizit Forschung an ME/CFS mit einschließen, sowie der Formulierung der Long-COVID-Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses wurden dennoch wichtige Schritte hin zu einer Verbesserung der Situation ME/CFS-Betroffener unternommen.
Für die nächste Legislaturperiode wird es jedoch weiterhin wichtig sein, ME/CFS aus der Peripherie stärker in den Mittelpunkt der Maßnahmen zu rücken. Obwohl bereits vor der Pandemie Hundertausende an ME/CFS erkrankt waren und unter den Long-COVID-Betroffenen nun eine große Subgruppe das Vollbild von ME/CFS zeigt, wurde die Erkrankung in der Vergangenheit in Diskussionen und Maßnahmen rund um Long COVID immer wieder außen vorgelassen.
Die DG.ME/CFS wird sich auch im Austausch mit der neuen Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Situation für alle ME/CFS-Betroffenen nachhaltig verbessert wird.
Redaktion: smü, mwi, tel