Wichtige Ereignisse aus den letzten Wochen
ME/CFS-Update: ab jetzt regelmäßig
Mit dem „ME/CFS-Update“ informieren wir über wichtige Ereignisse aus den letzten Wochen. Welche Neuigkeiten gibt es international und in Deutschland über ME/CFS? Was geschieht in der Forschungswelt? Wer hat sich zu Wort gemeldet? Wo ist ein wichtiger Artikel erschienen? In informativen Kurzbeiträgen berichten wir aus aller Welt.
Neue Studie aus Norwegen: Weiteren Hinweis auf Störung im Energiestoffwechsel
Eine heute (22. Dezember 2016) im Journal of Clinical Investigation Insight erschienene Arbeit von den norwegischen Forschern Øystein Fluge, Olav Mella und Karl Johan Tronstad erhärtet den Verdacht auf Störungen im Energiestoffwechsel bei ME/CFS. Die Studie legt Nahe, dass die Funktion des Enzyms Pyruvatdehydrogenase (PHD) deutlich eingeschränkt ist. Die Wissenschaftler untersuchten den Stoffwechsel von 200 Patienten (Kanadische Kriterien) und 100 gesunden Kontrollprobanden. Dabei zeigten sich reduzierte Level von Aminosäuren, deren Level u.a. von der Funktion des Enzyms PHD abhängen.
Das Enzym Pyruvatdehydrogenase spielt eine elementare Rolle im Energiestoffwechsel der Zellen. Das Enzym verbindet die Glykolyse (Abbau von Zucker in Energie) mit dem Citratzyklus in den Mitochondrien, der hauptsächlich für die ATP-Produktion zuständig ist. Eine eingeschränkte Aktivität könnte gleichzeitig eine verminderte Energieproduktion und eine erhöhte Laktatproduktion in den (Muskel-)Zellen von ME/CFS-Patienten erklären.
Das Team um Olav Mella und Øystein Fluge vom Haukeland Universitätskrankenhaus forscht ebenfalls an einer möglichen Therapie für ME/CFS mit zwei immunsupressiven Medikamenten, dem Antikörper Rituximab und dem Chemotherapeutikum Cyclophosphamid. Um eine mögliche Wirksamkeit der Medikamente zu bestätigen, laufen aktuell zwei große Studien an fünf Krankenhäusern in Norwegen.
(Detailliertere Informationen zu dieser Studie folgen nach der Weihnachtspause).
http://insight.jci.org/articles/view/89376
http://kavlifondet.no/2016/12/new-study-on-pathological-mechanisms-in-me-from-bergen-research-group/
Ramsay-Award für deutsche Wissenschaftler – mehr Geld für die Forschung
Die amerikanische Organisation Solve ME/CFS Initiative vergibt jährlich den Ramsay-Award, ein Forschungsstipendium mit dessen Hilfe die internationale biomedizinische Forschung an ME/CFS gefördert werden soll. Ebenso will die Solve ME/CFS Initiative Wissenschaftler weltweit zur intensiveren Zusammenarbeit anregen. Dieses Jahr ging der Award an 5 verschiedene Forschungsteams aus aller Welt, darunter zwei aus Deutschland. Das Team um Carmen Scheibenbogen und Madlen Löbl von der Charité Berlin erhielt eine Förderung für die weitere Erforschung von Autoimmunität im Zusammenhang mit ME/CFS. Neu dabei ist das Team um Bhupesh Prusty von der Universität Würzburg. Mit Hilfe des Stipendiums möchte dieser eine mögliche Beteiligung des Humanen Herpersvirus-6 an ME/CFS erforschen.
http://solvecfs.org/2016-ramsay-award-program-results
Premiere der ME/CFS-Dokumentation "Unrest" auf dem Sundance-Filmfestival
Jennifer Breas Dokumentation "Unrest" (ehemals "Canary In A Coalmine“) wird am 20. Januar 2017 auf dem amerikanischen Sundance-Filmfestival Premiere feiern. Die Regisseurin Jennifer Brea erkrankte während ihres Studiums selbst an ME/CFS und kämpft seit vielen Jahren intensiv für die Anerkennung der Krankheit. 2013 sammelte sie im Rahmen einer Kickstarter-Kampagne über 200.000 $ für eine Dokumentation über ME/CFS. Über 2500 Unterstützer spendeten Geld für den Film. Der Film erzählt die Geschichte ihrer Erkrankung und begleitet das Leben vier weiterer Familien, die ebenfalls von ME/CFS betroffen sind. Jennifer Brea ist außerdem die Mitbegründerin der politischen Plattform MEAction und Initatitorin der weltweiten MillionsMissing-Kampagne.
http://www.sundance.org/projects/unrest
Neue wissenschaftliche Veröffentlichung – Ergebnisse des PACE-Trials erneut in der Kritik
Eine wissenschaftliche Veröffentlichung bestätigt erneut, dass die Ergebnisse des PACE-Trials (2013) nicht haltbar sind. Die vom PACE-Trial untersuchten Therapien (graduelle Aktivierungstherapie und kognitive Verhaltenstherapie) führen nach einer Reanalyse der Rohdaten zu keiner signifikanten Verbesserung der Symptome und zu keiner Genesung von ME/CFS-Patienten. Die Autoren des neuen Papers werteten die Rohdaten an Hand des ursprünglichen Studienprotokolls der PACE-Autoren neu aus. Die PACE-Autoren hatten das Studienprotokoll während ihrer Studie verändert und die Kriterien für eine Verbesserung der Symptomatik und einer Genesung erheblich abgeschwächt.
Nach der Neuberechnung fielen die Genesungsraten nach einem Jahr von 22% auf 7% für Verhaltenstheraphie (CBT) und von 22% auf 4% für Aktivierungstherapie (GET). Damit kann die PACE-Studie laut den Autoren keinen Hinweis für die Wirksamkeit von CBT und GET erbringen.
Die PACE-Studie wird seit ihrer Veröffentlichung heftig von Patientenvertreten und internationalen Wissenschaftlern für ihre qualitativen Mängel und für die Empfehlung von Aktivierungstherapie kritisiert. Viele Patienten berichten, dass körperliche Aktivierung ihnen schaden und ihren Allgemeinzustand erheblich verschlechtern kann. Zudem widerspricht eine Aktivierungstherapie dem zentralen Symptom von ME/CFS, der Zustandsverschlechterung nach körperlicher Belastung (PEM). Die Queen Mary Universität in London weigerte sich –entgegen wissenschaftlichen Standards – die Rohdaten der Studie für eine Neuberechnung und Reanalyse zur Verfügung zu stellen. Die PACE-Autoren wurden allerdings Mitte 2016 von einem englischen Gericht dazu verurteilt, die Daten freizugeben. Bereits zuvor gab es eine Reanalyse des PACE-Trials, die jetzige Arbeit ist aber im Gegensatz dazu in einer wissenschaftlichen Publikation erschienen und bietet daher größere Chancen, Gehör auch bei Fachkreisen zu finden.
http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/21641846.2017.1259724?journalCode=rftg20&
Radiobeitrag zu ME/CFS trifft Nerv vieler Patienten
"So viel mehr als nur müde" hieß ein Radiobeitrag, den der Sender Bayern 2 am 12. Dezember in seiner Reihe "Notizbuch" sendete. Zwei Betroffene, darunter eine Journalistin und Vereinsmitglied der DG ME/CFS, berichten darin sehr anschaulich, wie ME/CFS ihr Leben verändert hat. Auch Prof. Scheibenbogen kommt zu Wort und erzählt von den Schwierigkeiten, in Deutschland eine angemessene Versorgung und Forschung aufzubauen. Dem Beitrag ist es gelungen, ein authentisches Bild der Krankheit zu zeichnen, wie es in der deutschen Medienlandschaft bisher nur selten zu finden ist.
2,8 Millionen € für ME/CFS-Forschung in Australien
Die Stafford Fox Medical Research Foundation unterstützt die Forschung an der Griffith Universität, Brisbane, in Australien mit 4 Millionen $ (2,8 Millionen €), um die Entwicklung der Diagnosemethoden und Therapien für ME/CFS zu beschleunigen. Die Forscher wollen zukünftig einen Bluttest entwickeln, um ME/CFS sicher zu diagnostizieren. Dazu nutzen sie u.a. genetische Marker. Der Test soll innerhalb der nächsten fünf Jahre verfügbar sein. Dafür müssten aber größere Patientengruppen untersucht werden als bisher. Das Team rund um Professor Sonya Marshall-Gradisnik vom Zentrum für Neuroimmunologie forscht seit mehreren Jahren an ME/CFS und nimmt regelmäßig an internationalen Konferenzen teil.
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