Nature-Studie: Hinweise auf veränderten Stoffwechsel bei CFS-Patienten

Japanische Forscher finden Hinweise auf eingeschränkten Citrat- und Harnstoffzyklus

Ein Team um Dr. Emi Yamano von der Osaka City Universität entdeckte Stoffwechselprobleme im Citrat- und Harnstoffzyklus. Die Studie wurde gestern (11.10.2016) in der frei zugänglichen Fachzeitschrift "Scientific Report" veröffentlicht, die zur bekannten Zeitschrift "Nature" gehört.

Einige Metabolite, also Zwischenprodukte des Stoffwechsels, waren signifikant erhöht oder erniedrigt. Betroffen waren insbesondere der Citrat- und der Harnstoffzyklus. Der Citratzyklus der Mitochondrien spielt eine wichtige Rolle in der Energiegewinnung der Zellen. Der Harnstoffzyklus dient dem Körper hauptsächlich zum Abbau stickstoffhaltiger Stoffwechselprodukte. Die Forscher vermuten einen gestörten Energiestoffwechsel in den Zellen, der auch für die schwere Fatigue verantwortlich sein könnte, an der viele CFS-Patienten leiden. Außerdem hoffen sie aus ihren Ergebnissen Biomarker bzw. eine sichere Diagnostik für CFS entwickeln zu können. 

Ausführliche Informationen zur Studie: 

In der Studie wurden 67 CFS-Patienten mit 66 gesunden Kontrollen verglichen. Die untersuchte Gruppe war zwischen 20  und 60 Jahre alt. 

Ziel der Wissenschaftler war es, objektive diagnostische Kriterien zu entwickeln bzw. Biomarker zu finden, um CFS in Zukunft sicher diagnostizieren zu können. Dazu maßen die Wissenschaftler 144 Metabolite (Zwischenprodukte des Stoffwechsels) im Blutplasma der CFS-Patienten und verglichen sie mit denen der gesunden Kontrollgruppe. Im zweiten statistischen Schritt wählten sie 31 Metabolite aus, die auffällig abwichen. 

Die Analyse ergab eine veränderte Aktivität des Citrat- und Harnstoffzyklus bei CFS-Patienten gegenüber Gesunden. Hierbei fiel insbesondere ein verschobenes Verhältnis zwischen der Pyruvat- und Isocitratkonzentration im Citratzyklus auf sowie zwischen der Ornithin- und Citrullinkonzentration im Harnstoffzyklus. Diese verschobenen Verhältnisse könnten ein Hinweis auf einen gestörten Energiestoffwechsel in den Zellen sein und in Zukunft für die Entwicklung eines Biomarkers genutzt werden. Auch eine erhöhte Laktatkonzentration wurde gemessen, die allerdings nicht statistisch signifikant war. Die allgemeine Glukosekonzentration (Zucker) zwischen den beiden Gruppen unterschied sich nicht. 

Da der Citratzyklus durch die Produktion von ATP eine elementare Rolle im Energiestoffwechsel der Zellen einnimmt, nehmen die Autoren ebenfalls eine gestörte ATP Produktion an. Diese könnte mitverantwortlich für die schwere Fatigue sein, die CFS-Patienten oft erleben. Die ATP-Konzentration selbst wurde von den Autoren aber nicht gemessen. 

Methodische Kritik: 

Die Studie hat ihre Grenzen. Die Autoren weisen darauf hin, dass ihre Ergebnisse mit größeren Patientengruppen und innerhalb von Langzeitstudien bestätigt werden müssen. Außerdem nutzten die Autoren für die Auswahl ihrer Probanden die Fukuda/CDC-Kriterien. Diese stehen schon länger in der Kritik, ME/CFS nicht korrekt abzubilden und zu breit gefasst zu sein. Vor allem können durch die Fukuda-Kriterien psychische und psychosomatische Erkrankungen nicht klar genug abgegrenzt werden. Dies ist ein Grund, warum viele Wissenschaftler für ihre Studien inzwischen die kanadischen Konsensuskriterien (CCC) verwenden. 

Außerdem beschränkt sich die Studie auf Metabolite im Blutplasma. Ob und welche Enzyme in den Zellen gestört sind oder ob vorherige Stoffwechselprodukte die Enzymkreisläufe behindern, kann so nicht geklärt werden. 

Verbindung mit anderen Studien: 

Ein veränderter und eingeschränkter Energiestoffwechsel bei ME/CFS wird immer wieder diskutiert. So fanden Armstrong et al. von der Universität Melbourne (2015) Hinweise auf eine eingeschränkte Glykolyse (Abbau von Zucker in Energie). Auch eine kürzlich erschienende Studie von Naviaux et al. von der Universität Kalifornien (2016) fand signifikante Abweichungen in 20 verschiedenen Metaboliten. Davon über 80% erniedrigt. Die Autoren vermuten ein hypometabolisches Stadium bei CFS, bzw. einen auf vielen Ebenen verlangsamten Stoffwechsel.

dha

(In der Studie wird der Begriff "CFS" verwendet, beziehen wir uns direkt auf die Studie, verwenden wir den Begriff "CFS". Beziehen wir uns auf allgemeine Aussagen, verwenden wir den Begriff "ME/CFS".)

Quelle: 

Yamano, E. et al. Index markers of chronic fatigue syndrome with dysfunction of TCA and urea cycles. Sci. Rep. 6, 34990; doi: 10.1038/srep34990 (2016)

Weitere Quellen:

Armstrong, C.W., McGregor, N.R., Lewis, D.P. et al. Metabolomics (2015) 11: 1626. doi:10.1007/s11306-015-0816-5

Naviaux, R.K. et al. Metabolic features of chronic fatigue syndrome, PNAS vol. 113 no.37doi: 10.1073/pnas.160757111 (2016)