Was ist pacing?

Neues Video erklärt Pacing

Neues Video erklärt Pacing

Deutsche Gesellschaft für ME/CFS und Long COVID Deutschland produzieren Aufklärungsvideos

Nachdem die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS und Long COVID Deutschland bereits gemeinsam ein Aufklärungsvideo über die Post-Exertionelle Malaise (PEM) veröffentlicht haben, folgt jetzt ein Video zum Pacing. Beide Aufklärungsvideos richten sich an Ärzt*innen, Personen aus Gesundheits- und Sozialberufen, Erkrankte, Angehörige und ihr Umfeld.

Pacing ist eine Methode des Energiemanagements, die in den 1980er Jahren von ME/CFS-Forschenden und -Kranken für ME/CFS entwickelt wurde. Das Ziel von Pacing ist es, das Überschreiten der individuellen Belastungsgrenzen und eine Zustandsverschlechterung – die Post-Exertionelle Malaise (PEM) – zu verhindern. Das Video erklärt, warum Pacing wichtig ist, was man beachten sollte und welche Hilfsmittel dabei unterstützen können.

Die beiden Videos sind in Zusammenarbeit mit ME/CFS-Expertinnen der Charité Berlin und der TU München entstanden. Die Postproduktion hat die Kreativagentur für Videoproduktion QREATE pro bono übernommen und in stetiger Absprache mit uns unsere Vorstellungen umgesetzt, dafür bedanken wir uns herzlich. Ein Dank gilt auch Mia Diekow von Long COVID Deutschland, die als professionelle Sprecherin das Aufnehmen des Videos übernommen hat und Andreas Krambrich, der Mia gefilmt hat.

Die Videos haben deutsche und englische Untertitel, zudem stellen wir am Seitenende ein Transkript bereit.

Sie können das achtminütige Video über Pacing hier und auf unserem neuen YouTube-Kanal „ME/CFS und Long COVID erklärt“ abrufen:

Die Redaktion von mecfs.de hat diesen Text mit einem Beitrag von Youtube angereichert:
Das Video von der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS und Long COVID Deutschland erklärt Pacing – die Strategie des Energiemanagements, um Post-Exertionelle Malaise (PEM) zu verhindern.

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Transkript

Logos Charté und TU München

Hallo, ich bin Mia.

Ich bin selbst betroffen von ME/CFS (nach COVID) und werde in diesem Video vom Umgang mit dieser Erkrankung erzählen. Expertinnen der Charité Berlin und der TU München haben uns bei diesem Video unterstützt.

Logos Long COVID Deutschland und Deutsche Gesellschaft für ME/CFS

Wir, das sind die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS und Long COVID Deutschland.

Pacing Methode für Energie und Aktivitätsmanagement

Heute wollen wir der Frage nachgehen: Was ist Pacing?

Pacing ist eine Methode des Energie- und Aktivitätsmanagements, die in den 1980er Jahren von ME/CFS-Forschenden und -Kranken für ME/CFS entwickelt wurde. Das Ziel von Pacing ist es, das Überschreiten der individuellen Belastungsgrenze und eine Symptomverschlechterung zu verhindern.

Pacing ist keine Therapie

Pacing ist keine Therapie, es dient lediglich dazu, die mit der Anstrengung und Überlastung verbundene Abwärtsspirale so gut wie möglich aufzuhalten.

Pacing heißt sich selbst das richtige Tempo vorgeben

Das Pacing, also übersetzt so etwas wie „sich selbst das richtige Tempo vorgeben“, leitet sich aus der Post-Exertionellen Malaise ab.

Muskulöser Arm oder Gehirn

Die Post-Exertionelle Malaise, kurz PEM, habe ich bereits in einem anderen Video beschrieben. Sie bezeichnet die Verschlechterung der Symptomatik nach oft schon geringer körperlicher oder geistiger Anstrengung.

Vereinfacht ausgedrückt verschlechtern sich der eigene Gesundheitszustand und die Symptome, wenn man die eigene, individuelle Energiegrenze überschreitet. Dabei ist es egal, ob dies durch körperliche oder geistige Aktivität passiert.

PEM wird auch Crash genannt

PEM wird von Betroffenen auch oft Crash genannt. Je nach Stärke der Erkrankung kann PEM durch geringe Anstrengung wie

  • Einkaufen
  • kurze Spaziergänge
  • ein Gespräch
  • Lesen
  • Duschen
  • oder sogar nur aufrechtes Sitzen

ausgelöst werden.

So eine PEM kann Tage, Wochen oder Monate andauern. PEM kann sich auch als dauerhafte Verschlechterung zeigen.

Überlastungsgrenzen kennenlernen

Daher geht es beim Pacing darum, die eigenen Energie- und Überlastungsgrenzen kennen zu lernen und durch vorausschauendes Planen und Priorisieren von Aktivitäten bestmöglich einzuhalten.

Crash trotz konsequentem Pacing möglich

Schwer Erkrankte können PEM allerdings häufig trotz konsequenten Pacings nicht verhindern, da bei ihnen essenzielle Tätigkeiten wie Essen, Waschen oder leichte Bewegungen schon einen Crash auslösen können. Aber auch moderat Erkrankte können einen Crash häufig nicht verhindern, weil sie zum Beispiel Arzt- oder Behördentermine wahrnehmen müssen.

Sind Erkrankte in einem Zustand dauerhafter Überlastung, weil sie die PEM nicht als solche erkennen oder kein Pacing betreiben können, kann es sein, dass die individuellen Crashs nicht mehr wahrnehmbar sind. Dann werden sehr starke Symptome zum Dauerzustand.

50 % des vorherigen Aktivitätslevel

Daher bietet es sich zum Einstieg ins Pacing an, zuallererst für einen überschaubaren Zeitraum, z. B. eine Woche, das Aktivitätsniveau um 50 % zu reduzieren, um zu versuchen, PEM zu durchbrechen.

Aktivitätstagebuch führen

Hier kann ein Aktivitätstagebuch helfen, in dem man alles aufschreibt was man macht, inklusive Zeiten am Handy, vorm Fernseher oder laufendem Radio. Und dann macht man für den geplanten Zeitraum nur die Hälfte.

Pause gleich keine Aktivität

In der restlichen Zeit macht man Pause. In einer Pause wird nichts gemacht, außer gelegen. Man kann autogenes Training, Meditation oder Atemtechniken zur Entspannung einsetzen. Aber kein Social Media, Radio oder Fernsehen.

Wirklich nichts zu machen ist sehr hart, gerade zu Beginn, wenn man gewöhnt ist, sonst viel zu tun. Viele nutzen in dieser Zeit Baustellenlärmschützer und Schlafmasken, um sich von Reizen abzuschirmen.

Wenn sich die Symptome gebessert haben, kann man die Tätigkeiten ganz langsam wieder anpassen, um sich an die individuelle Überlastungsgrenze heranzutasten.

Hilfreich kann es sein, auf individuelle Warnsymptome zu achten, die eine Überlastung ankündigen. Dies können z. B. Halsschmerzen, verstärkter Brain Fog, Kopf- oder Muskelschmerzen sein.

Halbleerer Akku mit Essen und Einkaufsymbol

An dieser Stelle hilft vielleicht das Bild des Akkus aus dem PEM-Video, um Pacing noch etwas anschaulicher zu machen.

Mit jeder Tätigkeit entlädt sich der Akku, ohne sich wieder aufzuladen, wie es bei Gesunden der Fall wäre. Das heißt, es stehen nur eine begrenzte Zahl von Tätigkeiten innerhalb eines Tages zur Verfügung. Nehmen wir diesen Akku. Je nach Dauer und Intensität einer Tätigkeit kostet sie uns ein oder mehr Striche.

Muss ich z. B. Essen planen und einkaufen gehen, kostet mich das vielleicht drei Striche. Dann muss ich priorisieren, was ich mit der restlichen Energie noch machen muss und was ich ggf. delegieren kann. Habe ich jemanden, der mir das Kochen abnehmen kann oder muss ich das selbst machen?

Muss ich noch einen Anruf tätigen? Will ich noch etwas Kurzes lesen?

Angenommen mir kann keiner beim Kochen helfen, kostet mich eine schnelle Mahlzeit warm machen noch einen Strich. Essen kostet mich noch einen und ich merke schon die ersten Warnzeichen dafür, dass ich meine Überlastungsschwelle erreicht oder überschritten habe, und mache den Rest des Tages Pause.

Übung macht den Meister

Eine Hilfe können Aktivitätstracker wie z. B. Fitnessuhren sein, um zumindest die körperliche Aktivität im Auge zu behalten.

Pacing ist ein Konzept, das in der Theorie einfach, in der Praxis aber erst mit einiger Übung umzusetzen ist. Und wie wir alle wissen: Übung macht den Meister. Und ich kann aus eigener Erfahrung wirklich sagen: Es lohnt sich sehr, dran zu bleiben.

Die Logos der beteiligten Organisationen.

Hilfreiche Links und weitere Informationen findest du in der Beschreibung.

Und nicht vergessen: Teile das Video unbedingt mit deinen Freund*innen, Verwandten und Ärzt*innen. Denn auch im Jahr drei nach Beginn der Pandemie ist noch kaum bekannt, wie wichtig Schonung bei ME/CFS ist, um eine Zustandsverschlechterung zu vermeiden.

Die Macher*innen dieses Videos wünschen euch viel Erfolg beim Pacing und sagen danke für eure Aufmerksamkeit.

Redaktion: tel