Willkommen im Pressebereich
Deutsche Gesellschaft für ME/CFS
Willkommen im Pressebereich der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS
Hier haben wir wichtige Fakten und Studien für Ihre Berichterstattung über ME/CFS zusammengestellt und machen auf mögliche Fallstricke aufmerksam.
Was ist ME/CFS?
Die Myalgische Enzephalomyelitis/das Chronische Fatigue Syndrome (ME/CFS) ist eine schwere körperliche Erkrankung. Das Immunsystem, Nervensystem und der Energiestoffwechsel weisen Auffälligkeiten auf und scheinen in ihrer Funktion gestört, weshalb es zu einer Vielzahl von Symptomen kommt.1
Das Kernsymptom ist die „Post-Exertionelle Malaise“ (PEM), eine mit bis zu 48 Stunden verzögerte massive Verschlechterung der Symptomatik nach kognitiver oder körperlicher Belastung. Damit einher geht eine rapide und gravierende weitere Reduktion des Funktionsniveaus. Je nach Schweregrad kann PEM nach jeder Tätigkeit auftreten: einer Unterhaltung, Lesen, Spazierengehen oder bei sehr schweren Verläufen bereits nach dem Anheben des Kopfes im Liegen. Die Zeitverzögerung der Verschlechterung macht es Erkrankten zu Beginn häufig schwer, einen Zusammenhang zwischen der Überanstrengung und der Verschlechterung der Symptomatik herzustellen.
Zu den weiteren Symptomen von ME/CFS gehören u. a. eine Störung des Kreislaufs im Stehen oder Sitzen, Muskel-, Gelenk- und/oder Kopfschmerzen, Konzentrations- und/oder Wortfindungsstörungen (häufig als Brain Fog bezeichnet), eine schwere Fatigue, Schlafstörungen, ein starkes Grippegefühl, Halsschmerzen und geschwollene Lymphknoten und weitere.
Die Diagnose wird anhand etablierter Kriterien, wie den Kanadischen Konsenskriterien (CCC), gestellt.
Einen Artikel zur Historie von ME/CFS finden Sie hier.
Medienberichte zum Krankheitserleben und Alltag haben wir hier zusammengetragen: zum Pressespiegel.
Schlechte Versorgungssituation für ME/CFS-Erkrankte
In Deutschland sind (präpandemisch) rund 250.000 Menschen an ME/CFS erkrankt, darunter 40.000 Kinder und Jugendliche.2 Weltweit sind 17–30 Millionen Menschen betroffen. Die Versorgungslage in Deutschland ist kritisch. Trotz ihrer Häufigkeit und Schwere wurde die Erkrankung vom Gesundheitssystem jahrzehntelang stark vernachlässigt und missverstanden.
Das Europäische Parlament verabschiedete 2020 eine Resolution zur Anerkennung und Erforschung von ME/CFS und beschrieb die Erkrankung als „verborgenes Problem im Gesundheitssystem“.3
Wie stark die ME/CFS-Erkrankten unterversorgt sind, lässt sich in einem Vergleich mit Multipler Sklerose (MS) aufzeigen. MS ist mit ca. 250.000 Erkrankten in der Häufigkeit vergleichbar (die neuen Fälle durch COVID-19 noch nicht mit eingerechnet), die Lebensqualität der ME/CFS-Erkrankten liegt im Durchschnitt unter der mit MS (s. u). Trotz der vergleichbaren Häufigkeit und Schwere gibt es für ME/CFS-Erkrankte lediglich eine Ambulanz für Erwachsene und eine für Kinder und Jugendliche, während es für MS-Erkrankte über 200 ausgewiesene Anlaufstellen gibt. Für MS gibt es (Stand 2022) 16 zugelassene Medikamente, für ME/CFS keine.
Der Grund: Es wurde über Jahrzehnte versäumt in Forschung zu investieren. Die wissenschaftliche Datenbank Pubmed führt bis 2022 über 105.000 Veröffentlichungen zu Multipler Sklerose auf, während für denselben Zeitraum für ME/CFS nur 8.000 Veröffentlichungen registriert sind. Über 8.000 Veröffentlichungen werden für MS bereits 1981 aufgeführt, die ME/CFS-Forschung hängt demnach 40 Jahre zurück.
Das zeigt sich auch in den Förderungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG): 102 geförderte Projekte für Multiple Sklerose und nur 7 für ME/CFS (Stand Sommer 2022).
Dabei hätte es anders kommen können. In Deutschland berief das Bundesministerium für Gesundheit Anfang der 90er Jahre eine Arbeitsgruppe zu ME/CFS ein. Diese Arbeitsgruppe kritisierte im Abschlussbericht, dass „größere Teile der Schulmedizin die Existenz des CFS an sich ablehnten, oder es ohne weitere laborklinische Untersuchungen als psychosomatisch-psychiatrische Störung klassifizieren“4. Dieses „Wissensdefizit“ sei ein „Missstand“, aus dem sich „Forschungsbedarf“ ergebe. Das Thema wurde jedoch nicht weiter verfolgt.
Nicht in die Erforschung von ME/CFS zu investieren kommt zu einem hohen Preis. Der volkswirtschaftliche Schaden durch ME/CFS könnte jährlich 7,4 Milliarden Euro in Deutschland betragen, wenn man die Schätzungen des European Network on ME/CFS (EUROMENE) von 40 Milliarden Euro Schaden für Europa auf Deutschland überträgt.5 Die potentielle Verdopplung der ME/CFS-Erkrankten durch COVID-19 ist in dieser Rechnung noch nicht eingepreist.
Hinweis: Bei den Vergleichen zu anderen Krankheitsbildern liegt es uns fern, verschiedene Erkrankungen gegeneinander abzuwägen. Vielmehr möchten wir zeigen, dass es für die Gleichstellung von ME/CFS noch großer Anstrengung bedarf.
Fallstricke in der Berichterstattung
ME/CFS gehört zu den stigmatisiertesten neurologischen Erkrankungen. Verstärkt wird dies durch inhaltliche Missverständnisse in der Berichterstattung. Mit Rücksicht auf die Erkrankten sollte daher in der Sprache und mit den kommunizierten Fakten besonders achtsam vorgegangen werden.
Verwenden Sie den Namen ME/CFS
Für ME/CFS existieren unterschiedliche Namen, die sich historisch entwickelt haben. In der jüngeren Forschung und von Gesundheitsbehörden weltweit wird inzwischen meist die Kombination ME/CFS verwendet. So auch im Konsenspapier von EUROMENE (European ME Network). Daher sollte dieser Name auch in der Berichterstattung verwendet werden. ME, CFS und Postvirales Fatigue Syndrom werden unter dem gleichen ICD-Diagnoseschlüssel G93.3 der WHO geführt.
Die deutschen Namen „Chronisches Erschöpfungssyndrom“, „Chronisches Müdigkeitssyndrom“ aber auch der alleinstehende Name „Chronisches Fatigue Syndrom“ werden von Erkrankten und ME/CFS-Organisationen abgelehnt, da sie die Erkrankung verharmlosen und den Fokus fälschlicherweise auf Erschöpfung bzw. Fatigue legen.
Dieses Symptom ist jedoch nicht für ME/CFS spezifisch. Es stellt, wie bei vielen anderen Krankheiten (z. B. Krebs, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, HIV/AIDS), ein Begleitsymptom dar.
Die Post-Exertionelle Malaise ist das Kernsymptom der Erkrankung, nicht die Fatigue. Unter Artikeln, in denen ME/CFS synonym mit Fatigue oder Erschöpfung verwendet wird, finden sich häufig Kommentare von gesunden Menschen: „Nach der Arbeit bin ich auch erschöpft.“ Dr. Komaroff, einer der Namensgeber des „Chronic Fatigue Syndrome“ bereute diese Entscheidung im Nachhinein: „I think that was a big mistake because the name, in my opinion and in the opinion of a lot of people, both trivializes and stigmatizes the illness. It makes it seem unimportant, maybe not even real.“6
Vermeiden Sie die häufigen Missverständnisse
In diesem Artikel stellen wir den häufigsten Missverständnissen zu ME/CFS aktuelle wissenschaftliche Evidenz gegenüber.
Die Punkte in Kürze
ME/CFS ist keine Depression und kein Burnout, eine begriffliche Vermengung sollte daher vermieden werden. Die Gleichsetzung dieser beiden unterschiedlichen Erkrankungen mit z. T. gegensätzlichen therapeutischen Anforderungen, führt häufig dazu, dass Patient*innen mit ME/CFS potenziell schädlichen Behandlungen unterzogen werden (siehe Punkt 3).
Vermeiden Sie, von chronischer Erschöpfung zu sprechen. Dies verharmlost die Situation der Betroffenen. Chronische Fatigue ist eines von vielen Symptomen bei ME/CFS und wird im deutschen Sprachraum häufig verkürzt mit Erschöpfung übersetzt. Anhaltende Fatigue ist ein typisches Symptom bei chronischen Erkrankungen und ist daher nicht spezifisch für ME/CFS. Post-Exertionelle Malaise (PEM) ist bei ME/CFS das Leitsymptom, das die Erkrankung gut von anderen unterscheidet. Die Namen von ME/CFS sind leider missverständlich und spiegeln nicht den Leidensdruck der Erkrankten wider. Laut einer Studie der Aalborg Universität aus 2015, ist die Lebensqualität von ME/CFS-Erkrankten oft niedriger als die von Multiple Sklerose-, Schlaganfall- oder Lungenkrebspatienten.7
Es gibt keine kurativen Therapien. Die Behandlung erfolgt symptomorientiert. Keine wirksamen Behandlungen sind Aktivierungstherapie (Graded Exercise Therapy, GET) und Verhaltenstherapie (Cognitive Behavioral Therapy, CBT). Diese haben in der Vergangenheit zu dauerhaften Zustandsverschlechterungen bei Patient*innen geführt. In der britischen NICE-Leitlinie wird die Qualität aller Studien zu den beiden Behandlungsansätzen mit „very low“ und „low“ bewertet. Keine der Studien ist „passabel“ oder „gut“.8 Aufgrund von PEM ist Bewegungs- oder Verhaltenstherapie, die zu mehr Aktivität animiert, schädlich.9
ME/CFS lässt sich klar diagnostizieren und ist keine Ausschlussdiagnose. ME/CFS hat inzwischen einen eindeutig definierten Symptomkomplex und ist klinisch über eine ausführliche Anamnese diagnostizierbar. Etablierte Diagnosekriterien sind die Kanadischen Konsenskriterien. Eine ME/CFS-Diagnose kann neben anderen Diagnosen koexistieren, es handelt sich also nicht um eine Ausschlussdiagnose.10,11 Eine umfangreiche Differenzialdiagnostik ist jedoch wichtig, um zusätzliche Erkrankungen auszuschließen oder behandeln zu können und mögliche Krankheitsursachen zu identifizieren.
ME/CFS ist keine seltene Krankheit. In Deutschland sind (präpandemisch) ca. 250.000 Menschen betroffen, ungefähr ebenso viele wie an MS erkrankt sind.
ME/CFS ist seit über 50 Jahren als neurologische Krankheit klassifiziert und keine neue Erkrankung. Seit 1969 wird die Erkrankung von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) als neurologische Krankheit klassifiziert.
Verwenden Sie keine Stockbilder von „müden“ oder „erschöpften“ Menschen. Briefen Sie Ihre Bildredaktion zur Schwere der Erkrankung. Viele Menschen mit ME/CFS sind auf Mobilitätshilfen wie Rollstühle angewiesen. Eine Auswahl von realistischen Pressebildern finden Sie hier.
Berichtenswerte Fakten
Die Schwere der Erkrankung: Jede*r Vierte kann das Haus nicht mehr verlassen, viele sind bettlägerig und auf Pflege angewiesen.12 Schätzungsweise über 60 % der Erkrankten sind arbeitsunfähig.13
Die niedrige Lebensqualität: Laut einer dänischen Studie haben Menschen mit ME/CFS, verglichen mit anderen chronischen Erkrankungen, die niedrigste Lebensqualität. Niedriger als Patient*innen mit Krebs oder Multiple Sklerose.14
Schlechte Versorgungssituation: Keine zugelassenen Therapien, wenig Forschung und wenig Anerkennung.
ME/CFS Erkrankte sind stark stigmatisiert: Eine Studie der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS und der FernUni Hagen zu diesem Thema finden Sie hier. Die Ergebnisse einer Umfrage der European Federation of Neurological Associations finden Sie hier.
ME/CFS verursacht (präpandemisch) jährlich schätzungsweise rund 40 Mrd. Euro volkswirtschaftlichen Schaden in der EU: Dies entspricht 7,4 Mrd. Euro Schaden in Deutschland.
Kehrtwende im Entwurf der britischen Leitlinien zu ME/CFS: ME/CFS-Patient*innen wird ausdrücklich nicht mehr zu Sport oder Aktivitätssteigerung (GET) geraten, da dies den Krankheitszustand stark verschlechtern kann. Stattdessen sollen Patient*innen innerhalb ihrer Belastungsgrenzen bleiben und sich schonen (Pacing). Mehr Informationen finden Sie hier.
Deutsche und internationale ME/CFS-Experten: Eine Übersicht finden Sie hier.
Interviewen Sie Erkrankte: Gerne vermitteln wir Kontakte zu Betroffenen.
Im Jahr 2021 erschien das Buch „The Puzzle Solver”. In diesem Buch beschreibt Wissenschaftsautorin Tracie White wie der Genetiker Prof. Dr. Ron Davis aus Stanford versucht, ME/CFS zu entschlüsseln, um seinen schwerst erkrankten Sohn zu heilen. Weitere Informationen finden Sie hier.
Auswahl wichtiger Studien zu ME/CFS
Übersichtsarbeiten
2021 Review, in dem der aktuelle Stand zu möglichen Krankheitsmechanismen, zur Diagnose und zu potentiellen Behandlungsmöglichkeiten zusammengefasst ist.
Die National Academy of Medicine (ehemals Institute of Medicine) hat im Jahr 2015 einen Report zu ME/CFS veröffentlicht, für den 9000 Studien ausgewertet wurden. Das Fazit: ME/CFS ist eine körperliche Erkrankung mit dem Leitsymptom Post-Exertionelle Malaise und muss dringend stärker erforscht werden.
Hinweis zum Cochrane-Review
Der Chochrane-Review „Exercise therapy for chronic fatigue syndrome“ wird international von Wissenschaftler*innen und Organisationen aufgrund von methodischen Mängeln scharf kritisiert (z. B. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30305916). Seit 2015 wurde das Dokument sechsmal überarbeitet und soll jetzt komplett neu geschrieben werden, unterstützt durch externe Berater.
Die Chefredakteurin Dr. Karla Soares-Weiser schreibt dazu: „This amended review is still based on a research question and a set of methods from 2002, and reflects evidence from studies that applied definitions of ME/CFS from the 1990s. (…) We have decided, therefore, that a new approach to the publication of evidence in this area is needed; and, today we are committing to the production of a full update of this Cochrane Review, beginning with a comprehensive review of the protocol, which will be developed in consultation with an independent advisory group that we intend to convene.“
https://www.cochrane.org/news/publication-cochrane-review-exercise-therapy-chronic-fatigue-syndrome
Der Cochrane Review „Cognitive behaviour therapy for chronic fatigue syndrome in adults“ wurde 2021 aufgrund seiner Mängel mit folgendem Hinweis versehen: „This 2008 review predates the mandatory use of GRADE methodology to assess the strength of evidence, and the review is no longer current. It should not be used for clinical decision‐making. The author team is no longer available to maintain the review.“
Hinweis zur Pace-Studie
Eine der einflussreichsten Studien zu ME/CFS war die Pace-Studie. Diese sollte die Wirksamkeit von Aktivierungstherapie (Graded Exercise Therapy, GET) und Verhaltenstherapie (Cognitive behavioural therapy, CBT) beweisen. Die Studie wies große methodische Mängel auf und zeigte in unabhängigen Auswertungen für beide Therapien keinen signifikanten Effekt.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29562932
Eine umfangreiche Analyse zur Pace-Studie von Dr. David Tuller, Public Health Journalist und „Senior Fellow in Public Health and Journalism“ der Universität Berkley, finden Sie hier:
https://www.virology.ws/2015/10/21/trial-by-error-i
Risikofaktoren
In einer Beobachtungsstudie mit 4500 Studenten hat der renommierte ME/CFS-Wissenschaftler Prof. Dr. Leonard A. Jason mit seinen Kollegen gezeigt, dass Menschen, die nach einem Pfeifferschen Drüsenfieber (EBV) ME/CFS entwickelt haben, schon als Gesunde Auffälligkeiten im Immunsystem hatten. Sie hatten außerdem nicht mehr psychische Symptome als diejenigen, die wieder vollständig gesund wurden.
https://doi.org/10.1093/cid/ciaa1886
Case-Studie zu ME/CFS nach einer EBV Erkrankung.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5510613/
Die Studie zeigt, dass die überwiegende Mehrheit von Erkrankten sich nach einer Infektion (EBV, Q-Fieber etc.) innerhalb von 6 Monaten wieder komplett erholte. Jedoch eine signifikante Gruppe von 11 % hatte auch nach sechs Monaten anhaltende Symptome und erfüllte die Kriterien für ME/CFS. Die Schwere der ursprünglichen Erkrankung war der größte Indikator für die anhaltende Krankheit und nicht demographische, psychologische oder mikrobiologische Faktoren.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1569956
Infektionskrankheiten als Auslöser
Ca. 3 von 4 Betroffenen berichten von einer Infektionserkrankung als Auslöser von ME/CFS (Froehlich et al., 2021; Salit, 1997). In einer prospektiven Studie aus dem Jahr 2006 zeigte sich, dass sowohl bakterielle als auch virale Pathogene in gleicher Häufigkeit ME/CFS auslösen. Die Studie untersuchte Personen, die sich mit dem Eppstein-Barr-Virus, dem Ross-River-Virus oder dem Bakterium Coxiella burnetii infiziert hatten. Nach 12 Monaten erfüllten 9 % der Infizierten die Fukuda-Kriterien für ME/CFS. Zwischen den Infektionserregern gab es keinen Unterschied in der Häufigkeit der ausgelösten ME/CFS-Fälle.
https://doi.org/10.1136/bmj.38933.585764.AE
Post-Exertionelle Malaise (PEM)
Anhand eines kardiopulmonalen Belastungstests (CPET) an zwei aufeinander folgenden Tagen kann das Kernsymptom, die Post-Exertionelle Malaise, nachgewiesen werden. Diese Meta-Analyse zeigt, dass die gemessenen Parameter bei Menschen mit ME/CFS im zweiten Test niedriger sind, während sie bei den gesunden Probanden ansteigen.
https://www.mdpi.com/2077-0383/9/12/4040/htm
DNA-Studie – bisher größte genetische ME/CFS-Studie (laufend)
Derzeit läuft mit 20.000 Teilnehmer*innen die weltweit größte genetische Studie zu ME/CFS. Sie analysiert die DNA der Probanden*innen, um herauszufinden, was eine Erkrankung wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher macht.
Niedrige Lebensqualität
Forscher der Universität Aalborg verglichen in einer Studie die Lebensqualität mehrerer chronischer Krankheiten. Menschen mit ME/CFS hatten aufgrund der Schmerzen und körperlicher Einschränkungen die niedrigste Lebensqualität. Diese war niedriger als z. B. bei Menschen mit Multipler Sklerose oder Krebs.
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0132421
Burden of Disease und geschätztes benötigtes Forschungsvolumen
In Bezug auf Krankheitslast (Burden of Disease) und den Forschungsetat müsste das Forschungsvolumen für ME/CFS in den USA 14-fach höher liegen als jetzt (ca. 15 Millionen Euro im Jahr). In Deutschland sind bis 2021 keine öffentlichen Gelder in ME/CFS-Forschung geflossen.
https://content.iospress.com/articles/work/wor203173
Gestörter Energiestoffwechsel
Mehrere Studien zeigen Auffälligkeiten im Energiestoffwechsel bei ME/CFS. Diese Studie legt nahe, dass die Funktion des Enzyms Pyruvatdehydrogenase/PDH deutlich eingeschränkt ist. Die PDH ist für den Abbau von Zucker in Energie zuständig. Die Forscher nehmen außerdem an, dass ein Bestandteil im Blutserum der Patienten (z. B. ein Autoantikörper) dafür verantwortlich sein könnte.
https://insight.jci.org/articles/view/89376
Erkrankungsalter
ME/CFS hat nach epidemiologischen Daten aus Norwegen zwei Altersgipfel: von 10–19 (Jugend) und von 30–39 Jahren.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25274261
Frühere Sterblichkeit
In einer Studie aus den USA zu den Todesursachen von ME/CFS zeigte sich, dass die Menschen mit der Erkrankung im Schnitt signifikant früher gestorben sind. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung waren diejenigen, die an Herzversagen oder Krebs gestorben sind, im Schnitt 24 Jahre jünger.
Quellen
- Scheibenbogen et al. (2019), Chronisches Fatigue Syndrom/CFS. Praktische Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie, Ärzteblatt Sachsen, 26–30, Sächsische Landesärztekammer, Dresden.
- Scheibenbogen et al. (2019), Chronisches Fatigue Syndrom/CFS. Praktische Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie, Ärzteblatt Sachsen, 26–30, Sächsische Landesärztekammer, Dresden.
- Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Juni 2020 zu zusätzlichen Finanzmitteln für die biomedizinische Forschung zu der Krankheit Myalgische Enzephalomyelitis (2020/2580(RSP)), abgerufen am 07.08.2020.
- Deutsches Ärzteblatt, 91. Jahrgang, Heft 43, A: Seite 2172–2176; C: Seite 1872–1876, 28. Oktober 1994.
- Pheby et al., The Development of a Consistent Europe-Wide Approach to Investigating the Economic Impact of Myalgic Encephalomyelitis (ME/CFS): A Report from the European Network on ME/CFS (EUROMENE) Healthcare 8, no. 2: 88.
- Beyond the Data – Chronic Fatigue Syndrome: Advancing Research and Clinical Education (YouTube), abgerufen am 14.02.2021.
- Hvidberg et al. (2015), The Health-Related Quality of Life for Patients with Myalgic Encephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS), PlosOne, doi: 10.1371/journal.pone.0132421.
- NICE: Myalgic encephalomyelitis (or encephalopathy) /chronic fatigue syndrome:diagnosis and management, abgerufen am 09.01.2021.
- Evaluation of a survey exploring the experiences of adults and children with ME/CFS who have participated in CBT and GET interventional programmes, abgerufen am 11.01.2021.
- Carruthers B, van de Sande M (2005), Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome: A Clinical Case Definition and Guidelines for Medical Practitioners, An Overview of the Canadian Consensus Document, The National Library of Canada.
- Carruthers et al. (2011), Myalgic Encephalomyelitis: International Consensus Criteria, J Intern Med. 2011 Oct, 270(4):327-38, doi: 10.1111/j.1365-2796.2011.02428.x.
- Institute of Medicine (2015), Beyond Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome: Redefining an Illness, National Academies Press, Washington, DC.
- Bateman et al. (2014), Chronic fatigue syndrome and comorbid and consequent conditions: evidence from a multi-site clinical epidemiology study, Fatigue: Biomedicine, Health & Behavior, doi :10.1080/21641846.2014.978109.
- Hvidberg et al. (2015), The Health-Related Quality of Life for Patients with Myalgic Encephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS), PlosOne, doi: 10.1371/journal.pone.0132421.