Leuchtkasten mit Beschriftung ME/CFS Update

ME/CFS-Update 02/2018

Wichtige Ereignisse aus den letzten Wochen

Mit dem „ME/CFS-Update“ informieren wir über wichtige Ereignisse aus den letzten Wochen. Welche Neuigkeiten gibt es international und in Deutschland über ME/CFS? Was geschieht in der Forschungswelt? Wer hat sich zu Wort gemeldet? Wo ist ein wichtiger Artikel erschienen? In informativen Kurzbeiträgen berichten wir aus aller Welt.

Medienberichte über ME/CFS

Frankfurter Allgemeine: „Der Körper als Gefängnis“

Die Frankfurter Allgemeine hat im Februar den Artikel „Der Körper als Gefängnis“ veröffentlicht. Der Artikel porträtiert Regina Clos, die vor 31 Jahren als junge Lehrerin erkrankte, schildert die Auswirkungen der Krankheit und legt die schwierige Situation der Betroffenen dar.

Zum Artikel „Der Körper als Gefängnis“

 

Fernsehbeitrag auf RTL

RTL hat im Rahmen der Sendung „RTL Explosiv“ einen kurzen Beitrag über Jennifer Brea, ihren Dokumentarfilm Unrest und ME/CFS ausgestrahlt. Auch Prof. Scheibenbogen von der Immundefekt-Ambulanz an der Charité kommt zu Wort. Auf der Webseite der Sendung wurde zudem ein begleitender Artikel veröffentlicht.

Zu Fernsehbeitrag und Artikel

 

Hessischer Rundfunk: „Unbekannte Krankheit ME/CFS“

Die Hessenschau hat am 26. Februar einen kurzen Beitrag über das Engagement von Mathias Ilka für seinen schwer an ME/CFS erkrankten Sohn Simon gesendet. Im Bericht stellen sich 1000 Schüler*innen von Simons ehemaliger Schule in Form der blauen ME/CFS-Schleife auf und rufen gemeinsam nach mehr Forschung. Auch Prof. Scheibenbogen von der Charité kommt zu Wort.

Zum Fernsehbeitrag „Unbekannte Krankheit ME/CFS“

Kampagne "Time for Unrest"

Derzeit gelingt es der Kampagne „Time for Unrest“ international auf ME/CFS aufmerksam zu machen. Die Ziele der Kampagne sind Aufklärung, eine bessere medizinische Versorgung und mehr Forschungsgelder. Wir haben die Ereignisse der letzten Wochen zusammengefasst.

Weltweit berichten Medien über Unrest und ME/CFS. In den letzten Wochen erschienen u. a. Artikel im Wall Street Journal und der Vogue. Der Vogue-Artikel bezeichnet Unrest als „Must-See“ und schaffte es auf Platz eins der am häufigsten geteilten Inhalte.

Freiwillige organisierten eine Aufführung von Unrest im Schottischen Parlament. Im Anschluss sprachen Patienten und Vertreter von ME/CFS-Organisationen mit den Abgeordneten, Jen Brea nahm über Skype teil. Die Veranstaltung war so gut besucht, dass einige Teilnehmer stehen mussten. Der erste Satz, den Brea an die Abgeordneten richtete, lautete: „Die Debatte, ob diese Krankheit körperlich ist, ist vorüber. Und dennoch – und das ist der Fall in Schottland, der UK, auf der ganzen Welt – wird fast nichts getan, um in die Forschung zu investieren und diese Patienten zu versorgen. Gründe hierfür sind das Stigma, falsche Vorstellungen und die Unsichtbarkeit der Krankheit.“

Anlässlich der Premiere des Films im US-Fernsehen, gab es einen 12-stündigen „Twitter-Marathon“ mit dem Hashtag #UnrestPBS. Die Diskussion von Themen rund um ME/CFS erreichte 6 Millionen Menschen auf Twitter und es beteiligten sich Ärzt*innen, Wissenschaftler*innen, Journalist*innen und Betroffene weltweit.

Der „Berlin Documentary Film Club“ führte Unrest am 20. Februar auf. Im anschließenden Publikumsgespräch beantworteten unser Vorstandsmitglied Anja Gaßmann und ME/CFS-Patientin Kelly Parks Fragen über das Leben mit der Erkrankung, die Situation der Betroffenen in Deutschland, den Film und unsere Vereinsarbeit. Auch nach dem Q&A blieben einige Gäste, um sich weiter auszutauschen.

Seit Mitte Januar ist Unrest in 190 Ländern, darunter auch Deutschland, auf Netflix verfügbar. Zudem kann der Film mit deutschen Untertiteln auf Vimeo und iTunes angesehen werden, amazon video und eine DVD folgen.

Wissenschaft und Forschung

Interview der „Solve ME/CFS Initiative“ mit Prof. Carmen Scheibenbogen

Die „Solve ME/CFS Initiative“ (SMCI) verleiht jährlich den Ramsay Award und unterstützt damit weltweit die Forschung von ME/CFS. Bereits zum zweiten Mal erhält die Berliner Charité eine Forschungsförderung und bekam auch 2017 wieder einen Award (wir berichteten).

Nun hat die „Solve ME/CFS Initiative“ ein Interview mit Prof. Carmen Scheibenbogen zu der mit dem Ramsay Award 2016 unterstützen Forschung geführt. Scheibenbogen erforscht mit Ihrem Team die autoimmune Struktur der Erkrankung.

Scheibenbogen berichtet im Interview über Hinweise auf autoimmune Vorgänge im Körper, die zur Entstehung von ME/CFS führen. Die Forscher*innen sahen bei einer Gruppe von ME/CFS-Patienten erhöhte Autoantikörper – also Antikörper, die sich gegen eigenes Gewebe, Hormone oder andere Antikörper richten – in diesem Fall gegen körpereigene Zellrezeptoren (adrenerge und muskarinische Acetylcholin-Rezeptoren). Welche Rolle dabei die Autoantikörper spielen sei jedoch noch unklar. Es gebe verschiedene Genvarianten, die für Funktionsförderungen oder -störungen verantwortlich seien und das Risiko erhöhen, Autoimmunkrankheiten entstehen zu lassen. Die Forscher*innen untersuchen mit Ihrem Projekt, ob diese Genvarianten bei ME/CFS-Patienten häufiger vorkommen. Wenn solche Varianten bei ME/CFS-Kranken häufiger auftreten, sei das ein weiterer Beweis für eine autoimmune Pathogenese, so Scheibenbogen.

Darüber hinaus erzählt Prof. Scheibenbogen im Interview, dass sich die Wahrnehmung bei Ärzten und Behörden weiterentwickelt habe. So wurden die Berliner Forscher*innen auch vom europäischen Netzwerk für ME/CFS „EUROMENE“ unterstützt. Dennoch sei die Situation für Patienten und die ME/CFS-Forschung weiterhin sehr enttäuschend, da beide nur sehr wenig Unterstützung erhielten.

Prof. Scheibenbogen und ihr Team erforschen seit vielen Jahren ME/CFS. Scheibenbogen wurde eingangs auf die Erkrankung aufmerksam, da sie „auf eine negative Art einzigartig, so verbreitet und schwerwiegend ist und über die man so wenig weiß – und es keine zufriedenstellende Behandlung für die Patienten gibt.

Zum vollständigen Interview der SMCI mit Prof. Carmen Scheibenbogen (englisch).

 

Offener Brief an das „British Journal of Sports Medicine“

David Tuller kritisiert unter dem Titel „Trial By Error“ (Versuch durch Fehler) einen im Oktober 2017 veröffentlichten Artikel des „British Journal of Sports Medicine“ (BJSM). Ein Artikel, der erneut graduelle Aktivierungstherapie (graded exercise therapy – GET) zur Behandlung von ME/CFS aufwirft und sich im Wesentlichen auf Cochranes Zusammenfassung beziehe. Problematisch sei die Zusammenfassung, da sie sich nicht zuletzt auf die umstrittene Pace-Studie stütze und auf weitere Studien mit Oxford-Kriterien verweise. Die Oxford-Kriterien verlangten nur das Symptom der Müdigkeit. Das Kardinal Symptom von ME/CFS, die Post-Exertional Malaise – eine ausgeprägte und anhaltende Verstärkung aller Symptome nach geringer körperlicher und geistiger Anstrengung – werde dabei außer acht gelassen.

Als Antwort auf den Artikel im BJSM haben die Experten für Post-Exertional Malaise der „University of the Pacific“ und der „Workwell Foundation“ einen Brief an die Herausgeber der Zeitschrift geschrieben. Tuller hat den Brief im Februar veröffentlicht, da er wichtige Punkte liefere, um die irreführenden Behauptungen des BJSM zu wiederlegen.

In Ihrem Brief positionieren sich die Experten klar gegen graduelle Aktivierungstherapie (GET) bei ME/CFS-Patienten. Es sei in verschiedenen Studien nachgewiesen, dass GET die Gesundheit der Patienten negativ beeinträchtigt. Aus Sicht der Verfasser des Briefes sei es im besten Falle sinnlos, Bewegung als Behandlung von ME/CFS anzuwenden. GET sei kontraindiziert, da das Kennzeichen von ME/CFS die ausgeprägte Zustandsverschlechterung nach Belastung sei und dass selbst triviale mentale oder körperliche Anstrengungen die Symptome verschlechtern und die Körperfunktionen einschränken. Dabei stützen sich die Experten unter anderen auf die „National Acadamy of Medicine“ (früher: „Institute of Medicine“), die ME/CFS als multi-system-Erkrankung einordnet, welche von neurologischen, immunologischen, autonomen Beeinträchtigungen und von Störungen des Energiestoffwechsels begleitet werde. Bei ME/CFS werde weder dekonditioniert, noch werden ihre Symptome durch Inaktivität erklärt. Die Experten verweisen in ihrem Brief zusätzlich auf umfangreiche Studien, die gezeigt haben, dass Sport als Therapie bei ME/CFS den Krankheitszustand verschlimmert. Nach all dem, was die Experten über ME/CFS wissen, sei es vernünftiger, sportliche Übungen zu vermeiden und körperliche Aktivitäten zu begrenzen, wann immer dies möglich ist.

Die Experten der „University of the Pacific“ und der „Workwell Foundation“ haben den Brief aus Sorge über den potentiellen Schaden, den der Artikel des BJSM für ME/CFS-Patienten erzeugt, verfasst.

Lesen Sie hier den Beitrag „Trial By Error“ von David Tuller und den kompletten Brief der „University of the Pacific“ und der „Workwell Foundation“ (englisch)  

 

Überarbeitung der NICE-Guidelines zu ME/CFS | ME/CFS-Leitlinie des „National Institute for Health and Care Excellence“

Das britische „National Institute for Health and Care Excellence“ (NICE) kündigte im Februar die nächsten Schritte zur Überarbeitung ihrer Leitlinie (engl. guidelines) über ME/CFS an. Darüber hinaus fand im Januar bereits ein erstes Workshop-Treffen mit Vertretern des Instituts, Ärzten, Patientenvertretungen und auch mit Patienten und ihren Angehörigen statt.

Über 45 Menschen nahmen am ersten Workshop zur Überarbeitung der Leitlinie zu ME/CFS im Januar teil. Das Treffen fand in London statt und unter den Teilnehmern befanden sich neben Vertretern des NICE und Ärzten auch 37 Organisation, die ME/CFS-Erkrankte repräsentieren und unterstützen.

Zu Beginn des Treffens haben Vertreter des NICE den Ablauf und die Notwendigkeit der Überarbeitung der Leitlinie dargelegt. So sagte der Direktor des NICE-Zentrums für Guidelines, Prof. Mark Barker, dass sie die Sichtweise und Erkenntnisse von so vielen Menschen wie möglich einbringen möchten, die direkt oder indirekt von ME/CFS betroffen sind. Damit möchte das NICE sichergehen, dass sie die Probleme richtig verstehen und auch ausdrücken, dass diese ihnen wichtig sind. Weiterhin erläuterte Barker, dass die neue Leitlinie die anhaltende Debatte über den besten Ansatz zur richtigen Behandlung von ME/CFS auflösen soll.

Im Mai sollen erste „Scope-Workshops“ stattfinden in denen der Umfang der neuen Leitlinie abgesteckt werden soll. Danach stellt das NICE ein Leitlinienkomitee zusammen, welchem diesmal vier Menschen mit ME/CFS oder deren Vertreter, statt den bisher üblichen zwei Menschen angehören. Darüber hinaus soll ein Laie bei der Ernennung des Vorsitzenden des Leitlinienausschusses einbezogen werden. Das dann zusammengestellte Leitlinienkomitee soll seine Arbeit mit ersten Sitzungen im November 2018 aufnehmen. In den folgenden Sitzungen definiert das Komitee den Geltungsbereich der neuen Leitlinie und klärt den Umgang mit wichtigen klinischen Fragen. Anschließend prüft das Komitee eine Vielzahl von Studien und erhobenen Daten und erstellt auf Basis des vereinbarten Geltungsbereiches die Leitlinie. Dr. Nora O'Flynn, Chief Operating Officer am National Guideline Centre, erläuterte beim ersten Treffen im Januar diese Vorgehensweise und dass der Entwicklungsprozess der Leitlinie ungefähr 70 Wochen in Anspruch nehmen werde. Demnach ist mit der Veröffentlichung der Leitlinie nicht vor April 2020 zu rechnen. Im Rahmen des „Public Involvement Program“ des NICE – Programm zur Einbeziehung der Öffentlichkeit – sollen auch weitere Patienten und Patientenvertreter zu gegebener Zeit in den Erstellungsprozess einbezogen werden, wie Victoria Thomas, Leiterin des Programms, auf dem Treffen berichtete.

Ein weiterer Teil des Treffens im Januar war runden Tischen vorbehalten. Hier konnten die Teilnehmer*innen ihre Erwartungen an die neue Leitlinie gegenüber Mitarbeitern des NICE formulieren und über verschiedene Themenfelder diskutieren. Dr. Charles Shepherd nahm für die britische „ME Association“ am Treffen teil und diskutierte mit zwei NICE-Vertretern über eine breite Palette von Themen: angefangen von der Nomenklatur (ME, CFS, SEID) über verwendete klinische Diagnose- und Forschungskriterien bis hin zu Problemen, mit denen Kinder und Jugendliche mit ME/CFS konfrontiert sind.

Dr. Shepherd schätzt das erste Treffen als einen sehr ermutigenden und konstruktiven Beginn zur Erarbeitung der neue NICE-Guideline ein. Zu einer ähnlich optimistischen Einschätzung kommt auch Sally Burch, die auch am Treffen im Januar teilnahm.

Zur Ankündigung des NICE zur Aktualisierung der Leitlinie ME/CFS (englisch)

Zur Zusammenfassung des Treffens von Dr. Charles Shepherd der „ME Association“ (englisch)

Lesen Sie hier den Report von Sally Burch über das Treffen (englisch)

Studien

Hinweise auf Marker zur Diagnose von ME/CFS im Blut?

Eine aktuelle Studie der Cornell University (New York) untersuchte, inwieweit Stoffwechsel-Marker im Blut geeignet sind, um ME/CFS zu diagnostizieren. Die Studie ist Ende Januar im Fachmagazin Molecular Biosystems erschienen.

Bisher gibt es noch keine objektiven Tests oder Biomarker, die eine einfache und eindeutige Diagnose von ME/CFS ermöglichen. Die Studie hatte zum Ziel, Stoffwechsel-Marker im Blut zu identifizieren, anhand derer gesunde Menschen von an ME/CFS erkrankten Personen unterschieden werden können. Dafür wurde ein breites Spektrum von 361 Markern untersucht. Es nahmen 15 gesunde Probanden und 17 an ME/CFS erkrankte Patient*innen (ausgewählt nach Fukuda-Kriterien) teil. Zusätzlich stuften die Wissenschaftler die Patient*innen auf der Bell-Skala nach Grad der körperlichen Einschränkung ein (hauptsächlich 10-40 Punkte).

Die Ergebnisse zeigten Unterschiede zwischen gesunden Probanden und Patient*innen bei ca. 10% der metabolischen Marker. Auffälligkeiten bestanden vor allem im Energie- und Fettstoffwechsel. Die Marker wiesen auf eine verringerte Darmaufnahme von Fetten, eine geringere Umwandlung von Fetten in Kohlenhydrate (Zucker) und auf verringerte Membranlipide hin.  Auch Produkte der Glykolyse (Umwandlung von Zucker in Energie) und ATP waren verringert. Ebenso fiel den Forschern eine verringerte Taurin-Konzentration auf, welches wichtig für die Aufnahme von Fetten im Darm ist.

Anhand von vier Markern konnten Patient*innen mit 78% Sicherheit von gesunden Personen unterschieden werden. Diese vier Marker sind bei den Patient*innen reduziert und spielen eine Rolle beim Fettstoff- und Energiestoffwechsel. Dies weist zum einem darauf hin, dass Personen mit ME/CFS Schwierigkeiten haben, Fette und Kohlenhydrate in Energie umzuwandeln, zum anderen könnten die Marker zukünftig eine Rolle bei der Diagnose von ME/CFS spielen.

Zur Studie

 

Verändertes Immunprofil bei ME/CFS nach körperlicher Aktivität

Eine Studie der Universität Stanford (Kalifornien) wollte herausfinden, inwieweit sich die Herzfunktion sowie die Immunprofile von ME/CFS-Kranken nach körperlicher Belastung verändern.

Dazu wählte das Team zufällig 24 Patient*innen und 24 gesunde Proband*innen aus 84 ME/CFS-Erkrankten und 43 Gesunden aus. Die Forschenden verwendeten zur Diagnose die CDC 1994- und Internationalen Konsenskriterien (ICC). Wichtig war, dass alle ausgewählten Patient*innen an Post-Exertional Malaise (PEM) litten, also der Zustandsverschlechterung nach körperlicher Belastung. Schwer erkrankte Patient*innen wurden ausgeschlossen, da sie die körperliche Belastung in der Studie nicht mehr leisten konnten. Ebenso ausgeschlossen wurden Patient*innen wie Gesunde, die immunsupressive Medikamente nahmen.

Beide Gruppen mussten körperliche Aktivität auf dem Fahrradergometer leisten, in der alle 90 Sekunden die umgesetzte Wattzahl um 15-25 W erhöht wurde. Die Herzparameter und Blutwerte wurden direkt nach Aktivität und 18 Stunden später gemessen.

Die Forschenden fanden keine Unterschiede in der maximalen Herzrate, dem Blutdruck, beim Blutzucker, beim Blutfett oder beim C-reaktivem Protein (Entzündungsmarker). Auch fanden sie keine Unterschiede in der Herzfunktion oder der maximalen Sauerstoffaufnahme. Das gepumpte Volumen und die Belastung der Herzkammern unterschieden sich nicht zwischen den Gruppen.

Unterschiede fanden die Forschenden in der Erholung der Herzrate. Die Herzrate von Gesunden passte sich nach der Aktivität schneller dem normalen Ruhepuls an als bei ME/CFS-Patient*innen (p= .01), was auf ein gestörtes autonomes Nervensystem schließen lässt.

Ebenso veränderte sich das Zytokinprofil bei ME/CFS-Patient*innen sowie Gesunden nach körperlicher Belastung. Zytokine sind Botenstoffe des Immunsystems. Das veränderte Profil war auch nach 18 Stunden noch messbar. Die Zytokinmarker unterschieden sich erheblich zwischen Patient*innen und Gesunden. Die Forschenden spekulieren hier, dass die veränderte Immunantwort bei ME/CFS die Post-Exertional Malaise auslösen könnte.

Die Autor*innen merken an, dass sich ein Immunprofil nach körperlicher Aktivität in Zukunft als Test für ME/CFS eignen könnte. Sie weisen jedoch darauf hin, dass ihre Studie nur eine kleine Anzahl von Testpersonen hatte. Trotz sorgsamer statistischer Bereinigung der Daten könnte es einige falsch-positive Ergebnisse gegeben haben, da sehr viele Parameter gemessen wurden. Eine Replikation ist also nötig.

Zur Studie

 

Erhöhte Laktatlevel im Gehirn - ME/CFS und Fibromyalgie dieselbe Erkrankung?

Eine aktuelle Studie aus New York untersuchte, ob bei CFS und Fibromyalgie (FM) eine ähnliche Pathophysiologie zugrunde liegen könnte bzw. ob es sich sogar um die dieselbe Krankheit handelt („Ein-Syndrom-Hypothese“). Die Autoren merken an, dass sich Symptome von CFS und Fibormyalgie oft überschneiden, wobei bei CFS die Fatigue ausgeprägter sei und bei FM die Schmerzsymptomatik. Die meisten Wissenschaftler gehen aber inzwischen von zwei unterschiedlichen Krankheitsprozessen aus. Die Studie ist Ende Februar im Fachmagazin Fatigue: Biomedicie, Health, and Behavior erschienen.

In früheren Studien konnte gezeigt werden, dass CFS-Patient*innen erhöhte Werte an Laktat im Gehirn aufweisen. Laktat entsteht, wenn der Körper Zucker ohne Sauerstoff verbrennt (anaerobischer Stoffwechsel). In der vorliegenden Veröffentlichung wurden die Laktatwerte von drei Gruppen verglichen: Patient*innen mit CFS, Patient*innen mit FM, und Patient*innen mit beiden Diagnosen: CFS und FM.

Patient*innen mit FM erfüllten die Kriterien von 1990 und berichteten von seit mehr als 3 Monaten anhaltenden starken (Muskel-)Schmerzen. CFS-Patient*innen erfüllten die CDC-Kriterien von 1994, die jedoch von den Autor*innen wie folgt modifiziert wurde: Patient*innen mussten eine neu aufgetretene Fatigue haben, die mindestens 6 Monate andauerte und zu einer substantiellen Aktivitätsreduktion in einem der Bereiche Arbeit, Schule oder Privatleben führte. Zusätzlich mussten die Patient*innen belastende Symptome in vier oder mehr der folgenden Bereiche haben: Halsschmerzen, empfindliche Lymphknoten, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, brain fog, Schlaf ohne Erholung oder Symptomverschlechterung nach minimaler Anstrengung. Die Autoren teilten hier im Gegensatz zu den Ursprungskriterien die Symptome nach Schweregrad ein (1-6) und nahmen nur Patient*innen mit Schweregrad >3 auf. Kritisch zu sehen ist, dass Erkrankte mit psychischen Vorerkrankungen anscheinend nicht ausgeschlossen wurden. Patient*innen mit CFS und FM erfüllten beide Kriterien. Zudem gab es eine gesunde Kontrollgruppe. Insgesamt wurden Daten von 74 Frauen ausgewertet.

Die Ergebnisse zeigten, dass alle drei Patient*innengruppen höhere Laktatwerte im Gehirn aufwiesen als die gesunde Kontrollgruppe. Dabei wurde der Einfluss vom BMI (Body-Mass Index) herausgerechnet, da Personen mit einem höheren BMI oft höhere Laktatwerte haben. Die Laktatwerde der drei Patient*innengruppen unterschieden sich nicht bedeutsam voneinander.

Die Studie unterstreicht somit, dass erhöhte Laktatwerte eine Rolle bei Krankheiten spielen könnten, die mit Fatigue und Schmerzen einhergehen – ein weiterer Hinweis darauf, dass der Zell- und Energiestoffwechsel im Gehirn bei CFS und FM gestört ist. Die Ergebnisse sprechen jedoch nicht dafür, dass man CFS und FM anhand von Laktatwerten voneinander unterscheiden kann.

Die Autor*innen sehen die Ergebnisse als Unterstützung für die Ein-Syndrom-Hypothese und nehmen somit an, dass es sich bei CFS und FM um dieselbe Krankheit handelt. Jedoch muss dazu kritisch angemerkt werden, dass Laktat auch ein Beiprodukt von Entzündungsprozessen im Gehirn sein kann und dass bei CFS und FM durchaus unterschiedliche Krankheitsprozesse zu der Laktaterhöhung führen können. Außerdem muss angemerkt werden, dass in dieser Studie nur Daten von Frauen ausgewertet wurden und psychiatrische Vorerkrankungen nicht eindeutig auschgeschlossen wurden. Weitere Forschung zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden von CFS und FM ist also nötig. 

Link zur Studie

Redaktion: jhe, laf, dha, smu