Das Bild zeigt einen Screenshot des Artikels

Begleitende Psychotherapie bei ME/CFS

Begleitende Psychotherapie bei ME/CFS

deutsche Übersetzung eines Fachartikels von Grande et al.

ME/CFS ist eine schwere körperliche Erkrankung, die mit massiven Einschränkungen einhergeht. Eine Psychotherapie ist kein Behandlungsansatz für die Erkrankung selbst. Darauf verweisen inzwischen auch Gesundheitsbehörden und Leitlinien weltweit, wie u. a. die britische NICE-Guideline, das Kapitel zu ME/CFS in der DEGAM-Leitlinie Müdigkeit und der ME/CFS-Bericht des IQWiG.

Als begleitende Maßnahme kann Psychotherapie die Betroffenen aber darin unterstützen, mit der enormen psychischen Belastung durch die krankheitsbedingten Einschränkungen umzugehen (wie z. B. bei Multipler Sklerose oder Krebs üblich) sowie Pacing als Krankheitsmanagement von ME/CFS umzusetzen.

Grande et al. (2023), ein Autorenteam bestehend aus Psychotherapeut*innen, Psycholog*innen, Mediziner*innen und Gesundheitswissenschaftler*innen, hat in einem im Fachmagazin Medicina veröffentlichten Artikel einen psychotherapeutischen Ansatz für ME/CFS dargelegt, der dabei helfen soll, Zustandsverschlechterungen zu vermeiden: „The Role of Psychotherapy in the Care of Patients with ME/CFS“. Der Artikel setzt sich kritisch mit überholten Konzepten wie GET und CBT auseinander, die sich nicht nur als unwirksam, sondern angesichts der Post-Exertionellen Malaise von ME/CFS-Erkrankten als kontraproduktiv erwiesen haben.

Die Psychotherapieansätze GET und CBT hatten auf einem für ME/CFS nicht zutreffenden psychosomatischen Krankheitsmodell aufgebaut, das organische Prozesse als Grundlage von ME/CFS (siehe Pathophysiologie) infrage stellt und stattdessen angebliche aktivitätsvermeidende Verhaltensweisen und falsche Krankheitsüberzeugungen als ursächlich für die Chronifizierung von ME/CFS annimmt. Warum diese psychosomatische Sichtweise auf ME/CFS dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand widerspricht und zudem den Betroffenen schadet, hat die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen und Prof. Dr. Leonard Jason auch in einem ebenfalls in Medicina publizierten Fachartikel aufgezeigt. 

Wie sollte eine Psychotherapie bei ME/CFS gemäß der aktuellen Evidenz und Leitlinien ausgestaltet sein?

Nur auf ausdrücklichen Wunsch der Erkrankten und als begleitende Maßnahme im Rahmen des Copings mit einer schweren körperlichen Erkrankung, kann eine psychotherapeutische Begleitung bei ME/CFS Sinn ergeben. 

Begleitende Psychotherapie sollte – unabhängig vom angewandten Verfahren – auf die grundlegenden Charakteristika von ME/CFS eingehen:  

  1. die Tatsache, dass ME/CFS eine körperliche Erkrankung ist und daher eine heilende Behandlung biomedizinisch angelegt sein muss; und
  2. dass die Post-Exertionelle Malaise das Leitsymptom von ME/CFS ist und somit ein angepasstes psychotherapeutisches Setting erfordert. 

Ein solches psychotherapeutisches Konzept wird in dem Artikel von Grande et al. (2023) „The Role of Psychotherapy in the Care of Patients with ME/CFS“ beschrieben. Die Autor*innen stellen nun auch neu eine deutsche Übersetzung (2024) zur Verfügung, die auf unserer Seite abgerufen werden kann.

Den Fachartikel können Sie an interessierte Psychotherapeut*innen im ambulanten und stationären Setting weitergeben:

Redaktion: jhe, dha, mth, squ