Leuchtkasten mit Beschriftung ME/CFS Update

ME/CFS-Update 03/2018

Bald Neu: unsere neuen Updates über ME/CFS

Die Inhalte unserer ME/CFS-Updates sind in den vergangenen Ausgaben stetig gewachsen. Wir freuen uns über die vielen berichtenswerten Ereignisse aus der Forschungswelt und über die mediale Berichterstattung über ME/CFS. 

Um weiterhin kurz und knapp über wichtige Ereignisse zu berichten, entwickeln wir eine komplett neue Struktur für unsere ME/CFS-Updates. Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter, um über unsere neuen Updates informiert zu bleiben.

Medienberichte über ME/CFS

Bürstädter Zeitung: „1000 Schüler für Simon“

Die Bürstädter Zeitung hat einen Artikel veröffentlicht und berichtet darin über die blaue Schleife an der Martin-Luther-Schule (MLS), die Mathias Ilka Ende Februar mit den Schülern der Schule gestellt hat (wir berichteten).

Im Artikel berichtet die Zeitung ausführlich über die Aktion und geht dabei auch auf die Situation von ME/CFS-Erkrankten in Deutschland ein.

Lesen Sie hier den Artikel in der Bürstädter Zeitung.

 

Schwäbische Post: Multimedia-Reportage über ME/CFS

Die Schwäbische Post hat die Multimedia-Reportage „Kraftlos“ über ME/CFS veröffentlicht: Es ist ein Portrait über Martin Rückgauer, der gern Fußball spielte und als Physiotherapeut arbeitete, als er eine Grippe bekam, von der er sich nicht mehr erholte.

Die Reportage beeindruckt durch eine anschauliche Darstellung von Rückgauers Leben mit ME/CFS in Texten und Videos. Auch Mathias Ilka kommt mit seiner Bewegung „50.000 und eine Stimme“ zu Wort.

Hier finden Sie die Reportage in der Schwäbischen Post

 

Myalgic Encephalomyeltis: Unknown cause. No cure. New hope.

In der Online-Ausgabe von „ASBMB Today“ hat Lily Williams den Artikel „Myalgic Encephalomyeltis: Unknown cause. No cure. New hope.“ (dt.: Myalgische Enzephalomyelitis: Unbekannte Ursache. Keine Heilung. Neue Hoffnung.) veröffentlicht. Die ASBMB veröffentlicht monatlich Publikationen und verteilt diese an die Mitglieder der Amerikanischen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie. Williams berichtet in ihrem umfangreichen Artikel über die aktuelle Situation zu ME/CFS und erzählt vom Leben der ME-Kranken Lizzie Mooney. Zudem spricht sie mit verschiedenen Experten zur Forschungslage von ME.

Die 12 jährige Lizzie ist seit drei Jahren an ME erkrankt und kann ihr Haus nur einmal in der Woche verlassen. Bereits seit ihrem neunten Lebensjahr kann Lizzie die Schule nicht mehr besuchen und wurde daheim von einem Privatlehrer unterrichtet, wann immer sie konnte. Die Zeit bis zur Diagnose ME war für Lizzie und ihre Mutter Amy Mooney sehr schmerzhaft. Nachdem ihr Hausarzt eine falsche Diagnose stellte, besuchte sie mit Ihrer Mutter verschiedene Ärzte: Ärzte für Infektionskrankheiten, Rheumatologen, Neurologen und Gastroenterologen, aber niemand konnte eine Diagnose stellen. Nach einem Bericht des "Institutes of Medicine" 2015 bleiben bis zu 91 Prozent der Erkrankten unbekannt.

Williams beschreibt in Ihrem Artikel allgemein die Situation der Patienten, macht deutlich, dass ungefähr 25% der Erkrankten das Haus nicht verlassen können und geht umfangreich auf die Symptome von ME ein. Dabei weist Williams auf die große Stigmatisierung hin, die nicht zuletzt durch den Namen CFS (Chronic Fatigue Syndrom) hervorgerufen werde. Über Jahrzehnte gab es keine organische Erklärung für ME und daher wurde die Krankheit psychologischen Ursachen zugeschrieben. Die Stigmatisierung, die Skepsis und die fehlende Finanzierung seien ein Teufelskreis, der ein großes Loch in der ME-Forschung hinterlassen habe. Die Existenz von ME sei heute nicht mehr umstritten, die Bundesaufgaben steigen jedoch für ME, so Williams. In den letzten Jahren haben die National Institutes of Health (NIH) jährlich zwischen 5 und 8 Millionen US-Dollar für die Forschung von ME ausgegeben. 2017 hat das NIH 7 Millionen US-Dollar für die Forschung in vier Zentren aufgebracht.

Im Artikel kommt ebenfalls Joseph Breen, derzeitiger Leiter der Abteilung für Immunregulation in der Abteilung für Allergie, Immunologie und Transplantation am NIAID (National Institute of Allergy and Infectious Diseases), zu Wort. Er ist glücklich über die sich ändernde Auffassung von ME/CFS und verweist auf zukünftige Studien, um die Erkrankung zu erforschen. Mit den in den nächsten fünf Jahren zur Verfügung gestellten Mitteln fördern die NIH unter anderem die Cornell University, Maureen Hanson. So zeigte Hansons Studie, dass ME/CFS-Kranke eine signifikant geringere mikrobielle Diversität aufweisen. Darüber hinaus sehe man bei Patienten signifikante Störungen in zahlreichen Stoffwechselwegen von Fett- und Aminosäuren. Hanson und ihre Kollegen*innen der Cornell University werden die Mittel der NIH nutzen, um das Kernsymptom von ME/CFS, die Post Exertional Malaise (PEM) zu untersuchen. Neben der Cornell University werden drei weitere Zentren durch die NIH unterstützt. Die Forscher um Dikoma Shungu am Weill Cornell Medical College, führen mit den Geldern einen der ersten Neuroimaging-Tests an ME-Patienten mit PEM durch. Das Team an der Columbia University sucht nach mikrobiellen Wirkstoffen und Beweisen für die Immunreaktion auf Mikroben. Das Team des Jackson Laboratory in Farmington, Connecticut, untersucht wie das Immunsystem, das Mikrobiom und der Stoffwechsel des Körpers interagieren. Hanson betont, dass es ein wichtiger Schritt der NIH sei, jedoch noch mehr Zentren und individuelle Studien im Hinblick auf die Krankheitslast und die Anzahl der erkrankten Menschen erforderlich sein. Die Forschungsgelder seien weiterhin unzureichend, so Hanson weiter.

Williams spricht im Artikel auch mit der Journalistin Hilary Johnson, die sich seit Jahren für mehr Forschung für ME-Erkrankte einsetzt. Darüber hinaus kommt die Erkrankte Rivka Solomon zu Wort, die seit 28 Jahren mit ME lebt. Linda Tannenbaum, Gründerin der Open Medicine Foundation (OMF) spricht über die Arbeit der Foundation und die derzeitigen Projekte des ME-Zentrums der Stanford University, welches die OMF finanziert. In einer Studie wird die immunologische Basis von ME durch die Analyse von T-Zellen erforscht. Im zweiten Projekt führt das OMF eine Big-Data-Genomstudie durch, um Einblicke in genetische Faktoren und molekulare Biomarker für ME liefern zu können. Das dritte Projekt wird auf eine Diagnose hinarbeiten und dabei Blutproben von ME-Patienten und gesunden Menschen mit einer in Stanford entwickelten Technologie untersuchen.

Ronald W. Davis ist Leiter des Stanford ME-Zentrums und Direktor des wissenschaftlichen Beirats der OMF sowie Direktor des Stanford Genome Technology Center. Davis möchte mit seiner aktuellen und zukünftigen Forschung eine große und offene Datenbank schaffen, in der Forscher neue Daten gemeinsam nutzen können.

Lesen Sie hier den kompletten Artikel bei ASMBM Today (englisch).

 

#MEAction & Kampagne „Time for Unrest“

Kampage „Time for Unrest“

Derzeit gelingt es der Kampagne „Time for Unrest“ international auf ME/CFS aufmerksam zu machen. Die Ziele der Kampagne sind Aufklärung, eine bessere medizinische Versorgung und mehr Forschungsgelder. Wir haben die Ereignisse der letzten Wochen zusammengefasst.

Die Kampagne „Time for Unrest“ hat bis 35 Millionen Menschen über Soziale-, Print-, Rundfunk- und TV-Medien erreicht. Die Kampagne wird sich bald auflösen und unter dem Dach von MEAction weitergeführt. In diesem Zusammenhang sollen auch kurze Videos und Informationsblätter folgen.

„Unrest“ wird am 12. Mai in Hannover von der Lost Voices Stiftung aufgeführt. Zudem sind zwei weitere Aufführungen von „Unrest“ in der Schweiz geplant.

 

#MEAction

Das #MEAction-Netzwerk erhält eine Spende in Höhe von 50.000 US-Dollar. #MEAction verwendet das Geld für die Arbeit der Organisation und unterstützt damit auch alle MEAction-Aktivisten weltweit, wie Jennifer Brea, Mitgründerin des Netzwerkes auf ihrer Homepage mitteilte.

Es gibt auch einen Ableger von #MEAction in Deutschland. #MEAction Deutschland wird am 12.Mai 2018 #MillionsMissing in verschieden Städten organisieren, darunter ist auch eine Protestaktion in Berlin.  Am 12. Mai, dem internationalen ME/CFS-Tag, finden wieder weltweit #MillionsMissing Proteste statt. Bisher sind 70 Aktionen von Südafrika bis Sydney angemeldet – die Liste wächst täglich. Die Aktion wird von Freiwilligen organisiert. Alle weiteren Informationen dazu, wie Ihr an der Aktion teilnehmen und Euch bei Interesse bei den Vorbereitungen einbringen könnt, gibt es in der Facebook-Gruppe #MEAction Deutschland.

Hier gelangen Sie zur Facebook-Gruppe von #MEAction Deutschland und der dazugehörigen Facebook-Seite, die alle #MillionsMissing-Aktionen in Deutschland bündelt.

 

Wissenschaft und Forschung

Ausführliche Aufklärung für Hausärzte in New York

In der Winterausgabe (2018) des „Family Doctor“ gab es zwei Leitartikel über ME/CFS und POTS. Der „Family Doctor“ wird im Bundestaat New York von der Academy of Family Physicians (Akademie der Allgemeinmediziner) herausgeben und von Hausärzten bezogen.

Das Magazin widmete drei Seiten ME/CFS und zwei Seiten POTS. Im Artikel gehen die Autoren (u.a. Mary Dimmock) ausführlich auf Geschichte, Forschung, Prävalenz, Diagnose und mögliche Therapien von ME/CFS ein. Der Artikel schließt damit ab, dass es wichtig sei, die Patienten nach den neuesten Kriterien zu diagnostizieren und dass Aktivierung sowie Verhaltenstherapie keine geeigneten Therapien seien.

Hier finden Sie den Artikel „Family Doctor“ (englisch)

 

Gipfeltreffen am Bateman-Horne Center (USA)

In den USA trafen sich Anfang März 13 ME/CFS-Experten, um den aktuellen Stand verfügbarer Therapien für ME/CFS zu diskutieren.

Die Experten kamen zu dem Schluss, dass die Diagnose nach dem IOM-Kriterien für Kliniker erfolgen kann. Diagnostische Tests, die sich für ME/CFS laut den Experten bewährt hätten, seien eine orthostatische Funktionsdiagnostik (z.B. Tilt-Table), ein MRT, Blutwerte für Immunglobuline, Lymphozyten, Mastzellen, NK-Zellen und das Testen für verschiedene Viren (wie EBV).

Als mögliche Behandlung nannten die Ärzte Low-Dose-Naltrexon, Beta-Blocker, Kortison, Immunglobuline und antivirale Medikamente. Außerdem merkten die Experten die Wichtigkeit von Pacing an (Aktivität nur in strikter Einhaltung des eigenen Energielevels) und betonten, dass Aktivierungs- und Verhaltenstherapien bei ME/CFS kontraproduktiv seien und die Symptome verschlechtern können.

Hier geht es zum Artikel auf „Medscape“ (englisch)

 

Niederländische Gesundheitsrat veröffentlicht Bericht über ME/CFS

Das „Health Council of the Netherlands“ (niederländische Gesundheitsrat) hat Mitte März einen neuen Bericht über ME/CFS veröffentlicht. Darin erkennt er an, dass es sich bei ME/CFS um eine ernsthafte chronische Erkrankung handelt, die bisher nicht ausreichend ernst genommen wurde.

Wichtige Punkte, die der Bericht betont:

  • ME/CFS ist eine ernsthafte, chronische "Multisystem"-Erkrankung, die das Leben der Patienten substantiell einschränkt
  • die Einschränkungen sollten anerkannt werden, besonders bezogen auf Einkommens- und Plegeforderungen
  • die Bezeichnung für CFS ist ab sofort ME/CFS
  • schon ein geringer Grad von Aktivität kann zu einer Verschlechterung von Symptomen führen (Post-Exertional Malaise)
  • als diagnostische Kriterien für Kliniker sind die IOM-Kriterien geeignet
  • 30.000-40.000 Niederländer sind erkrankt, davon meist Frauen
  • viele Ärzte haben Vorurteile gegenüber CFS und missverstehen die Krankheit als psychisch
  • die Therapie sollte symptomorientiert sein, da die Pathogenese bisher ungeklärt ist

Empfehlungen, die der Gesundheitsrat ausspricht:

  • es sollte Erkrankten freigestellt werden, ob sie Aktivierungs- und Verhaltenstherapien (GET/CBT) nutzen wollen, da viele Patienten berichten, dass diese ihnen schaden und die Studienlage schlecht ist
  • eine individuelle Ablehnung von GET/CBT sollte keinen Einfluss auf die ärztliche Versorgung oder den Anspruch auf Einkommens- und Versicherungsleistungen haben
  • ein umfassendes Forschungsprogramm sollte aufgelegt werden, um Diagnose sowie Behandlung zu verbessern und die Pathogenese zu klären
  • die medizinische Lehre sollte umfassend über ME/CFS aufklären
  • mehrere niederländische Universitätskliniken sollten Ambulanzen für ME/CFS einrichten

Wir Danken allen Patienten und Ärzten in den Niederlanden, die sich tatkräftig für diesen Bericht eingesetzt haben. Der Bericht wurde vom Parlament in Auftrag gegeben.

Hier gelangen Sie zum Bericht des „Health Council of the Netherlands“ (englisch)

 

Studien

Führt ME/CFS zu einem schnelleren Alterungsprozess?

In einer Studie der amerikanischen CDC (Atlanta) kommen die Autor*innen zu dem Schluss, dass der Alterungsprozess bei ME/CFS beschleunigt sein könnte. Die Studie wurde Ende Februar im „Journal of Translational Medicine“ veröffentlicht.

In der Studie wurden 639 Menschen untersucht. Zur Auswahl der Erkrankten verwendeten die Wissenschaftler die Fukuda/CDC-Kriterien von 1994. Die Autor*innen teilten die Untersuchten in vier Gruppen ein. CFS, wenn alle Fukuda-Kriterien erfüllt waren. CFS inklusive ausgeschlossene Krankheiten (z.B. psychischer Genese), einfache Fatigue und keine Fatigue. Dann maßen die Wissenschaftler*innen die Länge der sogenannten Telomere. Telomere sind DNA-Abschnitte am Ende von Chromosomen, die bei jeder Zellteilung kürzer werden und so auf das Alter der Zellen hinweisen.

CFS-Patient*innen hatten signifkante kürzere Telomere. Umgerechnet alterteten CFS-Erkrankte 10-20 Jahre früher. Statistisch waren besonders CFS-Patientinnen unter 45 von den verkürzten Telomeren betroffen. Die Werte für einfache Fatigue waren ebenfalls niedriger, kamen aber nicht an die äußerst niedrigen Werte von CFS-Patienten heran. Beschleunigtes Altern kann durch chronische Entzündungen, oxidativen Stress und diverse Autoimmunkrankheiten wie RA und Lupus ausgelöst werden. Die Autoren vermuten, dass bei CFS Faktoren wie Entzündungsprozesse und ein vermindereter Stoffwechsel zu dem beschleunigten Alterungsprozess führen.

Hier finden Sie die Studie im „Journal of Translational Medicine“

 

Wie beginnt und verläuft ME/CFS?

Eine qualitative Studie von Evans und Jason (DePaul University, Chicago) beschäft sich mit der Frage, wie ME/CFS beginnt und wie die Krankheit typischerweise verläuft. Die Studie ist im Februar im Fachmagazin „Research On Chronic Diseases“ erschienen.

Zur Gewinnung der Daten werteten die Wissenschaftler*innen 181 Patientenfragebögen und zusätzlich 14 Telefoninterviews aus. Der Großteil der Befragten war dabei weiblich (80%). Die Patienten mussten für die Aufnahme in die Studie nach den Fukada-Kriterien diagnostiziert sein.

Bei 98 Befragten begann ME/CFS plötzlich, bei 83 entwickelte sich die Krankheit graduell über längere Zeit. Bei beiden Gruppen berichten ca. 70% von einem Infekt als Auslöser. Die Rate von psychiatrischen Co-Erkrankungen lag bei 40% (nicht höher als bei anderen chronischen Erkrankungen wie der Multiple Sklerose).

Im Telefoninterview berichteten sieben Betroffene von einem plötzlichen Beginn von ME/CFS über 24h, einer Woche oder einem Monat. Fünf Betroffene berichteten zudem über einem „definitivem Wendepunkt“ nach einigen Wochen oder Monaten, an dem die Symptome signifikant schlechter wurden. Sechs Erkrankte berichteten von einem schleichenden Verlauf, teilweise auch nach einem plötzlichen Beginn. Neun Patienten berichteten darüber hinaus, dass Symptome zweitweise zunahmen und abnahmen, also fluktuierten. Zwei Patiententen berichteten darüber, dass sieerst im Nachhinein einen schleichenden Beginn der Erkrankung erkannt haben, den sie zu Beginn nicht realisiert hatten. Alle 14 Befragten berichteten vor ME/CFS von einem aktiven Lebensstil, inklusive Sport, sozialen Kontakten und Vollzeitarbeit. Bei allen Erkrankten war dies nach einiger Zeit nicht mehr möglich.

Die sehr in die tiefe gehende qualititaive Studie zeigt auf, dass der Verlauf von ME/CFS komplexer und individueller ist, als bisher angenommen.

Hier finden Sie die Studie im Journal „Research On Chronic Diseases“

 

Neues Modell zur Entstehung und Entwicklung von ME/CFS

Forscher aus Schweden und Libyen entwickelten durch die Integration verschiedener Forschungsansätze ein theoretisches Modell zur Erklärung der Entstehung und Entwicklung von ME/CFS. Der Artikel ist kürzlich in der Fachzeitschrift „Frontiers in Immunology“ erschienen.

ME/CFS beginnt laut Modell mit einer Infektion, die eine Immunantwort, hier die Bildung von weißen Blutkörperchen (B-Zellen) und Antikörpern, auslöst. Betroffene Personen weisen eine genetische Veranlagung und eine gestörte Darmflora auf und sind daher anfällig. Das Immunsystem muss körperfremde von körpereigenen Stoffen unterscheiden. Hierbei übernimmt die Darmflora eine sehr wichtige Rolle, denn durch die Nahrung wird der Körper mit vielen Fremdstoffen und Mikroben (wie Bakterien und Viren) konfrontiert. Trifft den Körper nun eine weitere Infektion (z.B. mit dem Epstein-Barr-Virus), so richten sich die B-Zellen nicht nur gegen die krankmachenden Stoffe aus der Umwelt, sondern auch gegen körpereigene am Energiestoffwechsel beteiligte Enzyme, Hormonrezeptoren und Ionen-Kanäle. Wie bei anderen Autoimmunerkrankungen werden Autoantikörper gebildet. Die Folgen sind ein gestörter aerobischer (sauerstoffabhängiger) Stoffwechsel und Post-Exertionale Malaise (Zustandsverschlechterung nach körperlicher oder geistiger Anstrengung). Der Flare von Symptomen nach Anstrengung wird evtl. durch Immunsignale der Mitochondrien verstärkt.

Obwohl noch nicht alle Annahmen des Modells empirisch abgesichert sind, ist es eine richtungsweisende Systematisierung der an ME/CFS beteiligten Prozesse und dient als sehr gute Grundlage für weitere Forschung.

Hier finden Sie die Studie im Journal „Frontiers In Immunology“

 

Besserung der Symptome von schwerer ME/CFS nach operativer Behandlung einer Spinalkanalstenose

Ärzte an der John Hopkins Chonic Fatigue Klinik in Baltimore veröffentlichen Anfang des Jahres im „Journal of Translational Medicine“ eine Fallstudie, in dem sie von drei Patient*innen mit schwerem ME/CFS berichten. Bei diesen Patient*innen führte die operative Behandlung einer zervikalen Spinakanalstenose zu einer bedeutenden Besserung bis hin zum kompletten Rückgang der ME/CFS Symptome.

In dem Bericht wird darauf hingewiesen, dass in allen drei Fällen die behandelnden Neurologen eindeutig neurologische Symptome als psychosomatisch fehlgedeuteten, was die finale Diagnose einer Spinalkanalstenose stark verzögerte.

Die Verfasser spekulieren, dass eine negative Bias gegenüber dem Label “ME/CFS“ zusammen mit der einhergehenden Angststörung der Patienten die Aufmerksamkeit der behandelnden Ärzte von den neurologischen Symptomen abgelenkt haben könnte. Die drei Patienten litten neben den typischen ME/CFS-Symptomen (Diagnose nach CCC) an neurologischen Auffälligkeiten, wie veränderte Reflexe und Tremor.

Die direkt nach dem operativen Eingriff auftretende Besserung aller Symptome legt laut Autoren die Vermutung nahe, dass in den genannten Fällen die Spinalkanalstenose ein Hauptgrund für das Enstehen der Krankheit war und damit eine neurologische Basis als Ursache der vorliegenden Symptome anzunehmen ist.

Die Autoren befürworten weiterführende Studien, um den Zusammenhang zwischen spinaler Dekompression und vermeintlichen ME/CFS Symptomen wie verminderter zerebraler Durchblutung, Entzündung des zentralen Nervensystems und zentraler Sensibilisierung zu erforschen. Ausserdem mahnen sie die Wichtigkeit einer genauen myelopathischen Untersuchung von ME/CFS Patienten an, besonders bei schweren Fällen, die sonst auf keine Therapie anzusprechen scheinen.

Hier finden Sie die Studie im „Journal of Translational Medicine“

 

Studie zur Unterscheidung von Multipler Sklerose und ME/CFS per Online-Befragung

Wissenschaftler*innen von der DePaul Universität in den USA haben eine Studie zur Unterscheidung von Multipler Sklerose und ME/CFS durchgeführt, die 2017 in der Fachzeitschrift „Insights in Biomedicine“ erschienen ist. Multiple Sklerose (MS) sowie ME/CFS sind beide von Fatigue als eines der Hauptsymptome gekennzeichnet. Einige Forschungsarbeiten haben versucht, biologische Marker zu identifizieren, durch die MS und ME/CFS voneinander abgegrenzt werden können. Ein weiterer Ansatz ist, Patient*innen zu befragen und die Krankheiten anhand selbstberichteter Symptome voneinander abzugrenzen.

In der Studie wurden 109 Patient*innen mit MS und 269 Patient*innen mit ME/CFS (anhand der Fukuda- & Kanadischen-Kriterien) online befragt. Die Symptome wurden anhand des DePaul Symptom Questionnaire (DSQ) erfasst. Die Patient*innen gaben in 54 Fragen die Häufigkeit und Stärke ihrer Symptome an. Der DSQ wurde in vorangegangenen Studien mit Patient*innen und gesunden Proband*innen entwickelt und misst die Symptome von ME/CFS zuverlässig. Zudem wurde die körperliche Funktionsfähigkeit ebenfalls mit einem etablierten Fragebogen gemessen (SF-36).

Patient*innen mit ME/CFS hatten einen niedrigeren funktionellen Status als Patient*innen mit MS, besonders in den Bereichen körperliche Aktivität und Vitalität, Schmerzen, allgemeiner Gesundheitszustand und im sozialen Bereich berichteten sie über größere Einschränkungen. Im emotionalen und psychischen Bereich unterschieden sich Patient*innen mit MS und mit ME/CFS jedoch nicht.

Patient*innen mit ME/CFS hatten auch höhere Werte auf allen Symptomen im Fragebogen, z.B. Fatigue, Post-Exertionale Malaise, Schlaf, Schmerzen, und kognitive Symptome. Einschränkungen der Studie sind, dass es keine körperliche Untersuchung gab, sondern die Teilnehmenden nur online und per Selbstbericht teilnahmen. Jedoch stellt diese Methode zur Feststellung der Symptome eine interessante Ergänzung zu bisherigen Methoden dar.

Hier finden Sie das Abstract der Studie

 

Funktioneller Status und Lebenszufriedenheit von ME/CFS-Patient*innen niedriger als von Patient*innen mit Multipler Sklerose und gesunden Proband*innen

Wissenschaftler*innen aus London haben den funktionellen Status und die Lebenszufriedenheit von Patienti:nnen mit ME/CFS im Vergleich zu Patient*innen mit Multipler Sklerose (MS) und gesunden Proband*innen untersucht. Die Studie erschien im März 2018 in der Fachzeitschrift „PharmacoEconomics“.

Basierend auf der ME/ CFS Biobank-Datenbank aus Großbritannien wurden 52 Patient*innen mit ME/CFS (anhand CCC/ CDC-Kriterien), 52 Patient*innen mit MS und 52 gesunde Proband*innen ausgewählt. Der funktionelle Status und die Lebenszufriedenheit in acht Bereichen wurden mit einem etablierten Fragebogen (SF-36) gemessen. Patient*innen mit ME/CFS zeigten in allen Bereichen niedrigere Werte als gesunde Proband*innen und ebenfalls niedrigere Werte in fast allen Bereichen als Patient*innen mit MS. Die größten Unterschiede zeigten sich hinsichtlich empfundener sozialer Einschränkungen durch die Erkrankung. Patient*innen mit ME/CFS arbeiteten oder studierten zudem weniger Stunden pro Woche und hatten ein niedrigeres Einkommen als Patient*innen mit MS und gesunde Proband*innen. Die Daten sprechen also dafür, dass Patient*innen mit ME/CFS sich stärker in ihrem Leben eingeschränkt fühlen und eine geringere Lebenszufriedenheit berichten als die beiden Vergleichsgruppen, obwohl es zwischen den Gruppen vor Krankheitsbeginn keine bedeutsamen Unterschiede gab.

Hier finden Sie die Studie im Journal „PharacoEconomics“

 

Redaktion: jhe, laf, dha, smu, lit